Ein „Urbi et orbi“ für die Kuseler Synode

von Hartmut Metzger

Hartmut Metzger

Den apostolischen Segen „Urbi et orbi“ (der Stadt und dem Erdkreis) spendet bekannterweise der Papst in Rom – im ausdrücklichen Bewusstsein, dass er sowohl der Bischof von Rom als auch das Oberhaupt der katholischen Kirche ist. Eine ganz neue Form dieses Segens hat nun die neu gewählte Synode des Kirchenbezirks Kusel kurz vor ihrer ersten Sitzung erhalten, in der sie sich konstituiert; das heißt, all jene Frauen und Männer wählt, die in den nächsten sechs Jahren die Verantwortung für den Protestantischen Kirchenbezirk Kusel übernehmen. Gespendet hat diesen für Protestanten unglaublichen Segen ein junger Dekan in der Andacht vor der Eröffnung der Synode: Er segnete sie und ihre Wahlen mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit. Das allein wäre ja noch nicht so schlimm.

Warum soll einem 35-jährigen Dekan, der erst vor neun Monaten – natürlich öffentlich – gewählt wurde, „trotz sorgfältiger Vorbereitung“ nicht einmal ein Fehler unterlaufen? Schließlich heißt es in Paragraf 15, Absatz 2, der Geschäftsordnung für die Bezirkssynoden ja tatsächlich: „Gegenstände, die ihrer Natur nach oder kraft ausdrücklicher Regelung vertraulich sind, werden nicht öffentlich verhandelt.“ Und weshalb sollte ein vor neun Monaten öffentlich gewählter Dekan auf die Idee kommen, dass diese Regelung nicht für Wahlen gilt? Etwa weil Absatz 1 des gleichen Paragrafen 1,5 Zentimeter obendrüber mit dem Satz beginnt „Die Verhandlungen der Synode sind öffentlich.“ Wir sind doch Christen, und Fehler sind menschlich. Das wäre ja alles noch nicht so schlimm.

Wirklich schlimm wird es, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Kuseler Bezirkssynode rund 50 Mitglieder hat, die den Abkündigungen ihres jungen Dekans lauschen und dem Ausschluss der Öffentlichkeit, für die sie im Geist ihrer pfälzischen Landeskirche gewählt wurden, achselzuckend Folge leisten. Wie Kirchenpräsident Christian Schad unmissverständlich unterstreicht: Diese Kirche ist seit ihrer Gründung im Jahr 1818 – nach der öffentlich erfolgten Abstimmung über die Union der bis dahin reformierten und lutherischen Gemeinden zur „Vereinigten protestantisch-evangelisch-christlichen Kirche der Pfalz“ – eine demokratisch verfasste, für die Menschen offene und für die Gesellschaft öffentliche Kirche.

Und das gilt vor allem für die Synoden: Für die Zusammenkunft und das Zusammenfinden von Menschen, die ihren Kirchenbezirk oder die Landeskirche als Ganzes vertreten und repräsentieren – ohne an irgendwelche Aufträge und Wünsche gebunden und nur ihrem protestantischen Gewissen verantwortlich zu sein. Das ist Pfälzer Protestantismus: öffentlich und ungehindert. Das Kuseler Geschehen ist umso schlimmer, als sich die Frage nach dem dort verbreiteten Kirchenverständnis der bis zum 16. April selbstbewussten Pfälzer Protestanten stellt. Quo vadis ecclesia palatina?

Meistgelesene Leitartikel & Kommentare