Konfirmation im Wandel der Zeiten

von Martin Schuck

Martin Schuck

Keine andere kirchliche Amtshandlung erscheint so typisch protestantisch wie die Konfirmation, aber gerade diese Kasualie hat im Lauf ihrer Geschichte Bedeutungswandlungen erfahren und spiegelt in der Art, wie sie gefeiert wird, und in der Weise, wie sie interpretiert wird, ihre Zeit wieder.

Genau genommen verdankt der landeskirchliche Protestantismus die Konfirmation den Außenseitern der Reformation, nämlich den Täufern. Diese polemisierten gegen die von Luther beibehaltene Praxis der Säuglingstaufe, die in der abendländischen Kirche zum festen Brauch geworden war. Die Täufer argumentierten mit der Bibel, wonach der Taufe eine Bekehrung oder wenigstens ein Bekenntnis zum Glauben vorausgehen müsse. Tatsächlich war auch in der abendländischen Kirche das Sakrament der Firmung als eine nachträgliche Bestätigung der Taufe entstanden, bei dem der als Säugling Getaufte eine aktive Rolle einnnehmen konnte. Und auch von den vorreformatorischen Kirchen der Waldenser und Hussiten sind nachträgliche Bekenntnisakte bekannt, die der späteren Konfirmation nahekommen.

Martin Luther betrachtete die Konfirmation nie als zwingend; er unterschrieb Kirchenordnungen mit und ohne Konfirmation. Indirekt förderte er aber deren Etablierung durch seine Forderung nach Katechismusunterricht. Martin Bucer entwickelte daraus die Konfirmation als eine Bestätigung der Taufe; zum Ritus gehörte ein Bekenntnisakt, der die Zulassung zum Abendmahl besiegelte und die persönliche Beichte ersetzte. Noch im 16. Jahrhundert setzte sich die Konfirmation als rechtlich notwendiger Akt zur Abendmahlszulassung durch.

Das heutige Verständnis der Konfirmation ist Ergebnis der Umbrüche im Protestantismus in den vergangenen Jahrhunderten. In der Theologie der Aufklärung gewann die Konfirmation eine neue Bedeutung als Einführungsritus in das Erwachsenenalter. Das persönliche Bekenntnis spielte in Gemeinden, die von Pfarrern der Aufklärung geprägt waren, kaum noch eine Rolle. Anders war es in pietistischen Gemeinden, wo gerade das Bekenntnis im Mittelpunkt stand. Schon im späten 18. Jahrhundert fehlte ein gemeinsames Verständnis der Konfirmation; einzig in der Frage der Zulassung zum Abendmahl war man sich noch einig.

Da sich heute in den evangelischen Kirchen die theologische Erkenntnis durchgesetzt hat, dass die Taufe die Zulassung zum Abendmahl begründet, verliert die Konfirmation ihren kirchenrechtlichen Grund. Neue theologische Entwürfe stellen deshalb die biografische Bedeutung für die Konfirmanden in den Mittelpunkt. Jugendliche sollen die Kirche als Begleiterin in den Übergangsphasen des Lebens kennen- und schätzen lernen. Dass dies ein zukunftsweisender Ansatz sein kann, zeigt die Beliebtheit der Konfirmationsjubiläen, die Menschen oft nach vielen Jahren wieder einen neuen Zugang zum Glauben ermöglichen.

 

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