Frankreichs Weg in den Monarchismus

von Martin Schuck

Martin Schuck

Die Präsidentschaftswahl in Frankreich ist gelaufen, und sie ging – im Gegensatz zur Wahl in den USA und dem Votum in Großbritannien über den Verbleib in der Europäischen Union – so aus, wie es die Demoskopen vorhersagten. Emmanuel Macron ist klarer Sieger, aber nicht, weil er zwei Drittel der Wähler überzeugen konnte, sondern weil ihn zu wählen die einzige verbliebene Möglichkeit war, Marine Le Pen vom rechtsextremen Front ­National (FN) zu verhindern.

Die politische Krise, in der sich Frankreich befindet, wurde in den vergangenen Wochen oft beschrieben, indem auf den Verfall des Parteiensystems hingewiesen wurde, das der Republik seit Jahrzehnten ihre innere Struktur gab. Tatsächlich stellten Konservative und Sozialisten abwechselnd den Präsidenten, und auch bei Parlamentswahlen gewannen aufgrund des Mehrheitswahlrechts fast nur Vertreter dieser Parteien Mandate.

Will man den Wechsel im politischen System Frankreichs beschreiben, kommt man nicht umhin, den Niedergang der Parteien zugunsten von Bewegungen, die sich hauptsächlich auf Personen konzentrieren, zu benennen. Der Wahlsieger Macron hat gerade mal vor gut einem Jahr die Bewegung „En marche“ gegründet, deren einzig erkennbare Funktion es war, seine Präsidentschaftskandidatur zu unterstützen. Und der im ersten Wahlgang viertplatzierte Linksaußen Jean-Luc Mélenchon war ebenfalls Kopf der Bewegung „France insoumise“ („Das unbeugsame Frankreich“). Die Anhänger dieser Bewegung wurden von Mélenchon aufgefordert, sich bei der Stichwahl zu enthalten. Die für französische Verhältnisse geringe Wahlbeteiligung von nur gut 74 Prozent lässt darauf schließen, dass viele diesem Aufruf gefolgt sind.

Von seiner Entstehung her handelt es sich auch beim FN um eine Bewegung, die aber mit der Zeit klare Strukturen einer Partei angenommen hat, vor allem seit Marine Le Pen 2011 den Vorsitz übernommen hat. Der FN wurde 1972 von Jean Marie Le Pen als neofaschistische Bewegung gegründet. Erkennbar ist das noch heute am Symbol der Partei, der Flamme in den drei Nationalfarben. Dieses Symbol wurde von den italienischen Neofaschisten übernommen, bei denen es die Auffahrt der Seele von Benito Mussolini in den Himmel darstellen sollte.

Le Pen hielt zeitlebens Kontakte zur monarchistischen „Action française“, die nicht nur die Ideen der Französischen Revolution bekämpfte, sondern auch einen national orientierten ­Katholizismus predigte, der in den 1930er Jahren von Papst Pius XI. ­verurteilt wurde. Obwohl die „Action française“ nach 1945 kaum noch eine Rolle spielte, nimmt neuerdings die ­Le Pen-Enkelin und Nachwuchspolitikerin Marion Maréchal-Le Pen an deren Kongressen teil und bezeichnet den FN als die monarchistischste aller französischen Parteien. Die dynastischen Tendenzen im FN deuten darauf hin, dass sie recht haben könnte.

 

 

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