Kirchen haben keine Konzepte gegen Terror

von Stefan Mendling

Stefan Mendling

Kirchen sollen Orte der inneren Einkehr sein, an denen sich Jung und Alt gut aufgehoben fühlt. Doch seit dem Angriff auf die katholische Kirche in Saint-Etienne-du-Rouvray in Nordfrankreich stehen die Kirchen vor der Herausforderung, sich um die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl der Gottesdienstbesucher zu sorgen. ­Spätestens bei den Gottesdiensten an Heiligabend in den vollbesetzten ­Kirchen kommt die Frage auf: Wie ­sicher sind wir hier?

Das Landeskriminalamt in Bayern hat bereits 2012, also vor den Anschlägen in Frankreich, ein „Kirchenmerkblatt“ herausgegeben. Darin stellt das Amt fest, dass für Kriminelle „die Würde des Ortes“ keine Rolle spiele. Kirchen, so der Vorschlag, müssten sich daher selbst um ihre Sicherheit bemühen. Dabei geht es zwar vor allem um den Diebstahl von sakralen Kunst- und Kulturgütern, aber auch die Möglichkeit eines Überfalls auf eine Kirche wird von den Kriminologen aus Bayern bedacht: Im Einzelfall könne die Installation einer Überfallmeldeanlage empfehlenswert sein. Damit könnte per Knopfdruck Hilfe angefordert werden. Doch solche Meldeanlagen will die bayerische ­Landeskirche nicht einsetzen.

Im Gegensatz zu den bayerischen Kollegen hat das rheinland-pfälzische Landeskriminalamt keine Ratschläge für die regelmäßigen Veranstaltungen der Kirche. Und die pfälzische Landeskirche sieht dafür auch keinen Bedarf. Über ein Sicherheitskonzept für normale Sonntagsgottesdienste werde derzeit nicht nachgedacht, sagte Pressesprecher Wolfgang Schumacher. Allerdings gebe es solche Konzepte bei Großveranstaltungen wie Kirchentage oder das Reformationsjubiläum.

Ganz auf die Qualität ihrer Pfarrer setzt die rheinische Kirche auch in Sicherheitsfragen. Pfarrer seien es gewohnt, sich „immer situationsgerecht zu verhalten“ und bei Gottesdiensten geistesgegenwärtig und besonnen auf Unvorhergesehenes zu reagieren, sagte Präses Manfred Rekowski auf Anfrage. Ansonsten „vertrauen wir auf die staatlichen Organe und lassen uns vom Terror weder ängstigen noch beeinflussen“. Intensiver mit der Terrorgefahr setzt sich die hessen-nassauische Kirche auseinander. „Wir arbeiten bereits eng mit der Polizei zusammen“, sagte Pressesprecher Volker Rahn. Am Ende könne ein Sicherheitsleitfaden für die Kirche stehen.

Auch wenn nach dem Anschlag in Frankreich die Sicherheitsfrage in Kirchen stärker in den Blickpunkt gerückt ist, von einer akuten Bedrohungslage gehen die meisten Vertreter ­der evangelischen Kirche zumindest bei normalen Sonntagsgottesdiensten nicht aus. Kirchen seien Orte des Friedens, der Einkehr und des Gebets, begründet Kerstin Kipp, Pressesprecherin der EKD, diesen Umgang mit der Terrorgefahr. Solche Orte seien eben auch verletzlich. Aber bislang sei es in Gottesdiensten nicht zu sicherheitsgefährdenden Situationen gekommen. Zumindest nicht in Deutschland.

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