Bomben schützen nicht gegen Terror

von Wolfgang Weissgerber

Wolfgang Weissgerber

Terror ist lateinisch und bedeutet Angst, Schrecken. Darum geht es den islamistisch-fundamentalistischen Terroristen. Sie wollen Angst und Schrecken verbreiten, um so die Herrschaft Allahs in die Welt zu tragen. Madrid, London, Paris und jetzt Brüssel: Der Schrecken ist da. Es ist nicht mehr die Frage, ob, sondern wann der Terror auch in deutschen Städten Einzug hält. Das Grundvertrauen der Menschen, wenigstens in diesem, in unserem Teil der Welt in Frieden und unbehelligt leben zu können, ist zerstört.

Die Logik dieser Terroristen kennt keine Unschuldigen. Jeder darf getötet werden, der kein Muslim ist oder als Muslim den Islam nicht so versteht wie sie. Das Erschütternde daran: Die Urheber der Schandtaten sind nicht aus fernen Ländern in Europa eingefallen, sondern in zweiter oder dritter Einwanderergeneration hier geboren und aufgewachsen. Es muss eine Menge schiefgelaufen sein im Umgang mit den jungen Muslimen, wenn ein Teil von ihnen sich dergestalt der Gesellschaft und ihren Werten entgegenstellt. Doch wie soll man ihnen begegnen? Mit Liebe, wie es die evangelische Reformationsbotschafterin Margot Käßmann vorgeschlagen hat? Wer sich in manchen europäischen Vorstädten mit hohem Migrantenanteil umsieht, gewinnt jedenfalls nicht den Eindruck, dass Europa seinen Neubürgern und deren Kindern und Kindeskindern herzlich zugetan wäre.

Auch in Deutschland gibt es in manchen Städten düstere Viertel. Dort sind Parallelgesellschaften entstanden, deren Angehörigen das Land, in dem sie leben, vollkommen fremd geblieben ist. Das liegt nicht nur an Zurückweisung, sondern ebenso an mangelnder Bereitschaft, sich auf die neue Umgebung einzulassen. Ein bisschen Liebe allein wird da nicht reichen, um Entfremdung aufzuheben und jungen Muslimen das Gefühl zu geben, in Europa wohlgelitten zu sein. Die Wurzel des Terrors ist jedoch nicht allein in der Unwirtlichkeit einiger Städte und in missglückter Integ­ra­tion zu suchen. Seine geistigen Väter sind der IS, al-Qaida und die Taliban. Gegenüber ihnen warnt Käßmann zu Recht davor, dem Drang nach Vergeltung nachzugeben. Es wäre fatal, die Region nun mit noch mehr Bomben zu überziehen. Das hat bislang schon nicht funktioniert.

Der Westen hat mit ignoranter Politik das Mullah-Regime in Iran entstehen lassen und Jahrzehnte des Drucks und der Verhandlungen gebraucht, um mit diesem Staat halbwegs sein Auskommen zu finden. Nur mit ähnlicher Beharrlichkeit – und eben nicht mit Kanonen – ist auch IS, al-Qaida und Taliban beizukommen. Der jüngste furchtbare Anschlag auf Christen in Pakistan kann übrigens nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Opfer von Anschlägen, die Muslime verüben, mehrheitlich ebenfalls Muslime sind. Zu einer Koalition gegen den Terror müssen daher auch muslimische Staaten gehören. Deren Bereitschaft dazu ist nicht überall erkennbar.

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