Zukunftsplanung auf den Kopf gestellt

von Klaus Koch

Klaus Koch

Die Zahlen waren nicht überraschend, aber für die pfälzische Landessynode in ihrer Klarheit offensichtlich doch erschreckend: Bis 2030 wird die Zahl der Kirchenmitglieder in der Pfalz und der Saarpfalz von derzeit 520000 auf 439000 sinken, die Zahl der Pfarrer wird gleichzeitig von 565 auf 389 zurückgehen. Es ist verblüffend, aber wenig beruhigend, dass damit die Pfarrerzahl des Jahres 1970 wieder erreicht ist. Damals zählte die Evangelische Kirche der Pfalz jedoch noch 724000 Mitglieder, 285000 mehr als für 2030 prognostiziert.

Wie jede Prognose enthalten auch die von Oberkirchenrätin Marianne Wagner vorgelegten Zahlen einige Unsicherheiten. Doch klar ist, dass die pfälzische Landeskirche immer ärmer und kleiner wird. Zwangsläufig stellt sich da die Frage, ab welcher Größe eine Landeskirche noch eigenständig sein kann. Fast reflexartig wurde deshalb auf der Synode auch gleich ein neuer Arbeitskreis vorgeschlagen. Dabei ist schon einiges unternommen worden in der Landeskirche, um Pläne für eine gesicherte Zukunft zu entwerfen. Seit einiger Zeit sind externe Berater in der Landeskirche unterwegs, die sehr zur Freude des Landeskirchenrats festgestellt haben, dass die Landeskirche genug Potenzial für eine Eigenständigkeit hat. Und sie kamen auch zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Oberkirchenräte angemessen ist.

Auch einen Arbeitskreis Perspektivarbeit gab es schon. Er hat in einem ambitionierten Papier Vorschläge für die Zukunft der Landeskirche gemacht. Unter anderem gehen auf diesen Arbeitskreis die Kooperationszonen in den Kirchenbezirken zurück, die derzeit fast flächendeckend eingeführt werden. Doch ansonsten wurden die Ergebnisse des Arbeitskreises nicht wirklich bis in die Gemeinden in die Landeskirche hineingetragen. Ebenfalls auf den Arbeitskreis zurück geht ein Synodenbeschluss, wonach die Kirchenregierung bis zum Ende dieses Jahres Kirchenbezirken, die sich bisher nicht um Fusionen bemüht haben, Zwangsfusionen verordnen soll. Ob es so weit kommt, ist äußerst fraglich.

Es reicht offensichtlich nicht aus, sich an der Spitze einer Organisation und in handverlesenen Arbeitsgruppen Gedanken zu machen und zu ­hoffen, diese ergössen sich wie von selbst bis an die Basis. Deshalb hat wohl auch die für die Perspektivarbeit zuständige neue Oberkirchenrätin Wagner den bisherigen Umgang mit der Zukunftsplanung auf den Kopf gestellt. Sie spricht von Erprobungsräumen. Auf allen Ebenen soll aus­probiert werden; Fehler sind dabei ausdrücklich erlaubt. Wagner traut der Kreativität vieler Kirchenmitglieder vor Ort mehr als dem strategischen Denken von ein paar klugen Köpfen hinter verschlossenen Türen. Wie die Landessynodalen über diese neue Sicht der Dinge denken, ist ­unklar. Sie haben über den funda­mentalen Wandel in der Perspektiv­arbeit nicht diskutiert.

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