Vor den Feierlichkeiten erst einmal die Kirche putzen

Die Versöhnungskirche und ihr Gemeindezentrum in Frankenthal bestehen seit 50 Jahren – Jubiläumsprogramm mit sechs Veranstaltungen

Gewusst wie: Gisela Unrau (links) und Else Blees befreien mit Ausklopfer und feuchten Tüchern die Sitzpolster vom Staub. Foto: Bolte

Frankenthal. Dumpfe Schläge dringen durch den Raum, überall stehen Leitern und Eimer herum, es riecht nach Zitronen. Zum 50-jährigen Bestehen der Versöhnungskirche in Frankenthal hat Gemeindepfarrerin Antje Kunzmann zum Putzeinsatz aufgerufen. Rund 20 Ehrenamtliche bringen ihre Kirche auf Hochglanz.

„Erst wird geputzt, gefeiert wird im Jubiläumsjahr später“, bringt Kunzmann das Projekt auf den Punkt. Fast alle sind Senioren, die tatkräftig mit anpacken. Die älteste in der Putztruppe ist die 80-jährige Else Blees. Die Dame in lila Kittelschürze und weißen Gummihandschuhen weiß, wie man dem eingesessenen Staub in den 250 Sitzpolstern beikommt: von Hand, mit Teppichklopfer und einem feuchten Abdecktuch, das den Staub bindet. Gemeinsam mit Gisela Unrau sorgt sie für frische Sitze. Daneben haben sich Loni Bachmann, Leiterin des Frauenkreises, und Lektorin Tanja Toupet die Stühle vorgenommen. Jeder einzelne wird nass gewischt – mit Bioputzmitteln.

Gewerkelt wird an diesem Samstagmorgen gleichzeitig an allen Ecken und Enden, gilt es doch die Kirche im Jubiläumsjahr in neuem und altem Glanz erstrahlen zu lassen. Decke, Wände, Mobiliar, systematisch kommt alles dran. Hunderte Bücher im Gesangbuchregal müssen auch abgestaubt werden. Die Parkettpflege kommt zum Schluss. Besondere Herausforderung sind die Spinnweben unter der Decke, denen einige Schwindelfreie in dem rund sechs Meter hohen Raum mit Gottvertrauen, Teleskopstab und Ausziehleitern zu Leibe rücken.

Der Außenbereich ist am Putzsamstag Domäne der Männer: Zwar ohne Blaumann, dafür mit umso mehr Elan karren die Presbyter Wolfgang Frömel und Peter Kühn das letzte Herbstlaub an, dass von den Frühjahrsstürmen aus den Hecken geblasen wurde und sammeln Bruchäste. Bernd Leidig stutzt einen Weidenbaum, der beim nächsten Sturm die Fassade beschädigt hätte. An der Fensterfront im Gruppenraum im Keller warten sechs in der Kinderkirche gestaltete Vogelhäuschen aufs Aufhängen draußen im Geäst.

„Vor Arbeit haben wir uns nie gedrückt“, erzählt Traudel Frech vom Kirchenverein und erinnert sich beim Schmieren der Brote für den Mittagsimbiss an die Helfer in den alten Zeiten. Frauenkreis, Chor, Kassenprüfung – Kinder, Beruf und Kirche habe sie stets unter einen Hut bekommen und in ihrer Gemeinde immer das Miteinander, die Gemeinschaft geschätzt. Glauben und beten, aber auch mithelfen und anpacken: Die Aktiven der Frankenthaler Versöhnungskirche haben bis in den Nachmittag gewerkelt. Gefeiert wurde am Sonntag der Folgewoche mit einem Dankgottesdienst an die Ehrenamtlichen in der Kirchengemeinde.

In Dienst gestellt wurden die Versöhnungskirche und ihr Gemeindezentrum am dritten Advent 1969. Zuvor wurden die Gottesdienste in der Lessingschule gefeiert. Sachlicher Bauhausstil, Turmaufbauten aus Sichtbeton, rundherum ein Band aus bunten Glasfenstern – von außen erinnert die nach Plänen des Architekten Hirschmann errichtete Versöhnungskirche im Frankenthaler Nordend an eine Burg, wie sie Martin Luther in seinem Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ beschrieben hat. Der quadratisch gestaltete Kirchenraum ist auf 400 Besucher ausgelegt. Er wirkt weitläufig, harmonisch und verfügt über eine besondere Akustik. 1974 erhielt das Gotteshaus eine Walcker Orgel mit 18 Registern, zwei Manualen und einem Pedal, die ein kleineres Instrument ablöste. Zwischen 597 und 110 Kilo bringen die vier in Karlsruhe gegossenen Glocken auf die Waage, die im März 1977 eingeweiht wurden. Markant sind die Glasfenster der Mainzer Künstlerin von Elke Pfaffmann, die seit 1993 die Kirche wie ein farbiges Band umspannen und in ihren Motiven wie Brückenelementen und Fragmenten das Vorläufige und Bruchstückhafte menschlicher Beziehungen zum Ausdruck bringen.

Anfang der 1990er Jahre wurden Betonteile der Fassade und das Flachdach saniert. Dennoch: „Bei Starkregen tropft’s an manchen Stellen durch“, hat Pfarrerin Kunzmann beobachtet. Ebenfalls renoviert wurden damals die Gemeinderäume in der Unterkirche. Das Außengelände wurde neu gestaltet. kag

Termine im Festjahr

Unter dem Motto „Musik, Mahl und dann zur Wahl“ gibt es am Sonntag, 26. Mai, um 11 Uhr ein Folkkonzert. Neben Paul Reinig, Peter Braun und Rüdiger Böhm tritt der syrische Musiker Samer Alhalabi auf. 50 Jahre Kindertagesstätte Steinstraße werden am Samstag, 7. September, um 10 Uhr mit Festgottesdienst im Kindergarten gefeiert. Am Sonntag, 27. Oktober, wird um 16 Uhr eine Ausstellung mit 50 Bildern des Hobbymalers Gerhard Mauch eröffnet. Am Donnerstag, 7. November, hält Bernd Leidig um 19 Uhr einen Vortrag über die Geschichte der Versöhnungskirche und 450 Jahre evangelische Kirchenbauten in Frankenthal. Am Sonntag, 17. November, lädt Bezirkskantor Eckhart Mayer um 17 Uhr zur Orgelführung mit Hörbeispielen ein. Das Jubiläumsjahr endet am 15. Dezember mit einem Festgottesdienst um 14 Uhr. Die Predigt hält Pfarrer Thomas Borchers, ehemaliger Vikar der Versöhnungskirche. kag

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