Synode will die Prävention verstärken

Sexualisierte Gewalt wird aufgearbeitet – Kirchenpräsident: Vier Fälle sind aus der Vergangenheit bekannt

Beschluß der Landessynode: Eine Kommission soll ohne Denkverbote Sparmaßnahmen entwickeln, um das strukturelle Defizit im landeskirchlichen Haushalt zu beseitigen. Foto: Landry

Tritt für den Elf-Punkte-Plan ein: Dorothee Wüst, bis zu ihrem Amtsantritt als Oberkirchenrätin Mitglied der EKD-Synode. Foto: Landry

Geht im Frühjahr in Ruhestand: Oberkirchenrat Michael Gärtner (unten) zwischen Karin Kessel und Christian Schad. Foto: Landry

Kirchenpräsident Schad gratuliert seiner neuen Stellvertreterin Marianne Wagner. Foto: Landry

Die Evangelische Kirche der Pfalz will Fälle sexualisierter Gewalt aufarbeiten und die Präventionsarbeit verstärken. Die Landessynode hat die Kirchenleitung am vergangenen Wochenende in Speyer aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen auf den Weg zu bringen zur Aufklärung, Aufarbeitung und Begleitung der Fälle sexualisierter Gewalt im Bereich der Landeskirche und ihrer diakonischen Einrichtungen.

Die von der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beschlossenen elf Punkte zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt sollen dabei Richtschnur für das Handeln der pfälzischen Landeskirche sein, heißt es in einem zum Abschluss der Herbsttagung der Landessynode einstimmig angenommenen Antrag. Sexualisierte Gewalt verursache tiefen seelischen Schmerz und lebenslanges Leid bei den Betroffenen, wird in der Begründung des Antrags ausgeführt. Gerade im Raum der Kirche, in dem Menschen Schutz und Geborgenheit suchten, müssten Menschen sich auf die Wahrung ihrer Würde, ihrer Unversehrtheit und ihrer Grenzen verlassen können. Wo diese Verlässlichkeit nicht gegeben gewesen sei, habe sich die Kirche schuldig gemacht. Betroffene hätten ein Recht auf rückhaltlose, verantwortungsvolle und feinfühlige Aufklärung und Aufarbeitung.

Kirchenpräsident Christian Schad hatte vor Pressevertretern erklärt, dass in der pfälzischen Landeskirche aus den vergangenen Jahrzehnten vier Fälle sexuellen Missbrauchs angezeigt worden seien. In einem Fall habe ein Pfarrer von selbst gekündigt, in einem zweiten Fall eines Pfarrers seien keine Beweise für ein Fehlverhalten erbracht worden. Zwei Fälle beträfen Vorwürfe ehemaliger Bewohner evangelischer Heime, die noch aufgearbeitet würden. Im Gegensatz zur katholischen Kirche wende sich die evangelische Kirche bei jedem Missbrauchsverdacht sofort an die staatlichen Strafverfolgungsbehörden, sagte Schad.

Die Strukturen, die zu Missbrauch führten, seien zwischen katholischer und evangelischer Kirche sehr verschieden, sagte Schad. Auf evangelischer Seite gebe es weder einen Zölibat noch hierarchische Strukturen, die Missbrauch erleichterten und Aufklärung erschwerten. Allerdings herrsche bei der evangelischen Kirche gelegentlich eine mit Vereinen vergleichbare Kumpanei, die die Balance von Nähe und Distanz zwischen einzelnen Menschen ins Wanken bringen könne. koc

Missbrauch und Finanzen im Blick

Der Präsident der pfälzischen Landessynode, Hermann Lorenz, sieht die finanzielle Zukunft der Evangelischen Kirche der Pfalz mit großen Sorgen. Wenn schon bei einer guten wirtschaftlichen Lage in Deutschland und entsprechend hohen Kirchensteuereinnahmen der kirchliche Haushalt nicht ausgeglichen werden könne, werde sich die Lage bei einer Abschwächung der Konjunktur noch verschärfen, sagte Lorenz zu Beginn der Herbsttagung der Landessynode in Speyer. Die Kirche werde deshalb manches aufgeben müssen, was ihr lieb und vor allem teuer sei.

Das Bistum Speyer ist nach den Worten des Ökumenebeauftragten Thomas Stubenrauch fest entschlossen, die Fälle sexuellen Missbrauchs aufzuarbeiten. Die Verantwortlichen des Bistums seien tief bestürzt, dass in der Vergangenheit die Sorge der Kirche meist nur den Tätern und dem Ansehen der Institution gegolten habe, statt den Betroffenen zu glauben und ihnen zu helfen, sagte Stubenrauch vor der Synode. Ebenso bestürzend sei, dass die Missbrauchsstudie im Auftrag der Bischofskonferenz gezeigt habe, dass die Strukturen der katholischen Kirche den sexuellen Missbrauch begünstigt oder dessen Prävention erschwert hätten.

Die Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche hätten wieder einmal gezeigt, dass die Kirchen in einer Haftungsgemeinschaft stünden, sagte Stubenrauch. Der immense Glaubwürdigkeitsverlust der katholischen Kirche betreffe auch die evangelische und andere Kirchen. Es sei eine Herausforderung für alle Kirchen, nach Strukturen zu fragen, die zu Missbrauch und anderen Formen von Gewalt führten. Der Elf-Punkte-Plan der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland sei ein großer Schritt in diese Richtung. epd

Bildung protestantisches Grundprinzip

Oberkirchenrat Gärtner legt Bestandsaufnahme vor – Borchers informiert über die Predigt- und Lesetexte

Oberkirchenrat Michael Gärtner hat die Bedeutung der Bildung für die Arbeit der Evangelischen Kirche der Pfalz betont. Bildung sei ein protestantisches Grundprinzip und durchziehe nahezu alle Arbeitsbereiche der Landeskirche, sagte Gärtner vor der pfälzischen Landessynode in Speyer.

Gärtner legte der Synode eine Bestandsaufnahme vor, die das Bildungshandeln der Landeskirche darstellt. Besonders anlässlich der Pfälzer Kirchenunion im Jahr 1818 sei die Bedeutung der Bildung für das Leben der Christen zum wiederholten Mal im Laufe der Kirchengeschichte herausgestellt worden, sagte Gärtner. Dabei sei es zunächst um Bildung im Glauben gegangen. Christen müssten imstande sein, über ihren eigenen Glauben nachzudenken und zu reden. Dazu bedürfe es aber einer allgemeinen grundlegenden Bildung für alle, unabhängig von sozialer Herkunft oder finanzieller Möglichkeiten.

In der Landeskirche werde an vielen Stellen gebildet, ausgebildet und fortgebildet, sagte Gärtner. Als Beispiele nannte der Bildungsdezernent die Gemeinden mit Konfirmationsunterricht, Jugendarbeit und Erwachsenenbildung. Hinzu komme die Arbeit der Kirchenmusik, in den Kindertagesstätten und im Kindergottesdienst. Der größte Bildungsbereich der Kirche sei der Religionsunterricht. Die Handreichung dient nach Gärtners Worten der Vorbereitung des synodalen Schwerpunktthemas Bildung, das für die Herbsttagung 2019 vorgesehen ist. Zudem könne diese Bestandsaufnahme die Amtsübernahme durch seine Nachfolgerin, die derzeitige Kaiserslauterer Dekanin Dorothee Wüst, erleichtern. Michael Gärtner geht im Frühjahr in den Ruhestand.

Das Alte Testament wird künftig in evangelischen Predigten mehr Beachtung finden. Das sieht die neue Perikopenordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vor, die am ersten Advent in Kraft tritt und der Synode vorgestellt wurde. Die Perikopenordnung bestimmt, welche Texte aus der Bibel an einem bestimmten Sonn- oder Feiertag im Gottesdienst gelesen werden und welche Texte Grundlage der Predigt sind. Seit 1964 richte sich die pfälzische Landeskirche nach der Ordnung der EKD, sagte Thomas Borchers, der Geschäftsführer des Liturgischen Arbeitskreises der pfälzischen Landeskirche ist. Die größte Veränderung sei, dass sich der Anteil alttestamentlicher Texte im Gottesdienst von etwa einem Siebtel auf ein Drittel erhöhe und Psalmen als Predigttexte aufgenommen werden, sagte Thomas Borchers. epd

Synode fordert strukturelle Sparmaßnahmen

Kommission mit externen Fachleuten beschlossen – Stark steigende Personalkosten prägen den Haushalt

Die Evangelische Kirche der Pfalz reagiert mit einer neuen Kommission auf die sich kontinuierlich verschlechternde finanzielle Situation. Die Landessynode hat in Speyer beschlossen, dass diese umgehend zu bildende Kommission bis 2019 ohne Denkverbote Sparmaßnahmen entwickeln soll. Ziele sollen sein, das strukturelle Defizit des landeskirchlichen Haushalts zu beseitigen, signifikante Entnahmen aus den Rücklagen zu verhindern und das Erfüllen des kirchlichen Auftrags langfristig zu sichern. In der Kommission sollen auch externe Fachleute mitarbeiten.

Die Haushalte für 2019 und 2020 könne die Landeskirche nicht ausgleichen, sagte Oberkirchenrätin Karin Kessel. 2019 sei eine Entnahme aus den Rücklagen von 5,3 Millionen Euro vorgesehen, 2020 werden es laut Planung 10,8 Millionen sein. Während das Haushaltsvolumen im Jahr 2018 bei 174,7 Millionen Euro liegt, werden es 2019 etwa 184,4 Millionen sein und im Jahr 2020 knapp 189,9 Millionen. Der Haushalt für das laufende Jahr kann laut Kessel ohne Rücklagenentnahme ausgeglichen werden. Die Synode nahm den Doppelhaushalt mit großer Mehrheit an.

Das steigende Haushaltsvolumen sei vor allem die Folge einer starken Zunahme der Personalkosten, die voraussichtlich von 100,7 Millionen Euro in diesem Jahr auf knapp 110 Millionen im Jahr 2020 steigen, sagte Kessel. Neben den tariflichen Lohnsteigerungen sei eine zusätzlich Anhebung um weitere zwei Prozent in den Jahren 2019 und 2020 geplant. Damit wolle die Landesregierung einen Rückstand im Ländervergleich aufholen. Da die Landeskirche per Kirchengesetz an die Landesregelungen gebunden sei, werde sie diese Anhebung übernehmen.

Bei den Kirchensteuereinnahmen geht Kessel für die nächsten Jahre von einem leichten Rückgang aus. 2017 nahm die Landeskirche 126,5 Millionen an Steuern ein, 2018 werden es voraussichtlich mehr als 127 Millionen sein. Für 2019 sind 123 Millionen Euro eingeplant, für 2020 etwa 122 Millionen. Den Synodalen lag auf der Herbsttagung erstmals ein Haushaltsbuch zur Beschlussfassung vor, das die Planungen übersichtlicher machen soll. epd

Zwei neue Interessenten

Bezirkssynode Zweibrücken will Kapelle am Krankenhaus erhalten

Das Gebäude des ehemaligen Evange­lischen Krankenhauses Zweibrücken wird möglicherweise doch nicht abgerissen. Unmittelbar nach dem Abrissbeschluss der Mitgliederversammlung des Landesvereins für Innere Mission hätten sich zwei Interessenten für das Gebäude gemeldet, sagte Rainer Doll, Vorstand des Landesvereins, in der Fragestunde der Landessynode. Noch sei es jedoch zu früh, um sich Hoffnungen auf den Erhalt des Gebäudes mit dazugehöriger Kapelle zu machen.

Der Landesverein habe sich immer bemüht, einen Abriss des Krankenhausgebäudes zu vermeiden, sagte Doll. Die Gespräche mit einem Interessenten seien schon so weit gediehen gewesen, dass es den Entwurf eines Kaufvertrags gegeben habe. Dann sei der potenzielle Käufer jedoch abgesprungen, weil ihm die Kosten für die Instandsetzung zu hoch gewesen seien. Die Mitgliederversammlung des Landesvereins hatte auf ihrer letzten Mitgliederversammlung den mittelfristigen Abriss des Gebäudes und der Kapelle beschlossen. Dieser Beschluss ist im Kirchenbezirk Zweibrücken auf scharfe Kritik gestoßen. Die Bezirkssynode hat dazu zwei Beschlüsse gefasst. Der eine fordert den Erhalt des Krankenhauses und der Kapelle, der andere nur den Erhalt der Kapelle.

Die Kirche hätte im Falle eines Abrisses ein Glaubwürdigkeitsproblem, sagte der Winterbacher Pfarrer Tilo Brach dem KIRCHENBOTEN. „Wir können nicht auf der einen Seite für Glaubenskurse werben und auf der anderen Seite Spiritualität plattmachen“, sagte der Bezirkssynodale. In der Kapelle hätten viele Menschen um ihr Leben gebetet. Auch Angehörige und Mitarbeiter des Krankenhauses hätten in ihr das Gespräch mit Gott gesucht. Der Landesverein musste das Krankenhaus vor zwei Jahren wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten schließen. Zum Jahreswechsel wird er mit den Diakonissen Speyer-Mannheim fusionieren. koc

Marianne Wagner ist Stellvertreterin

Die Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz hat Oberkirchenrätin Marianne Wagner zur Stellvertreterin von Kirchenpräsident Christian Schad gewählt. Wagner erhielt 51 Ja-Stimmen. Neun Synodale stimmten mit Nein, sechs enthielten sich. Wagner wird damit als Stellvertreterin Schads Nachfolgerin von Oberkirchenrat Michael Gärtner, der im Frühjahr in den Ruhestand geht.

Nach Informationen des KIRCHENBOTEN hatte der Vorsitzende des synodalen Nominierungsausschusses, Eberhard Rau, zunächst Oberkirchenrat Manfred Sutter als Kandidaten für den Stellvertreterposten vorgeschlagen. Dieser erhielt im Ausschuss jedoch keine Mehrheit. Der Stellvertreter des Kirchenpräsidenten hat nach der Kirchenverfassung die Aufgabe, den Kirchenpräsidenten bei Urlaub oder Krankheit zu vertreten. Die 56-jährige Marianne Wagner ist im nordpfälzischen Niedermoschel aufgewachsen. Sie lebt im Neustadter Ortsteil Gimmeldingen. epd

Einsparungsziel vorzeitig erreicht

Die Organisationsentwicklung des Landeskirchenrats hat nach Aussage von Oberkirchenrat Dieter Lutz ihr Einsparungsziel vorzeitig erreicht. Der Abschlussbericht des 2014 begonnenen Prozesses wurde der Synode in Speyer vorgelegt. Den Angaben zufolge wurde durch den extern begleiteten Prozess eine jährliche Einsparung von einer Million Euro in der Behörde erzielt. Geplant gewesen war dieses Ziel erst für 2020. Zu Beginn des Prozesses wurden laut Abschlussbericht 114 Einzelmaßnahmen zur Verbesserung der Arbeit im Landeskirchenrat festgelegt. Den Angaben zufolge sind davon bereits rund drei Viertel umgesetzt. epd

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