Symbol der direkten Verbindung von Himmel und Erde

Gestaltung der Kapelle im Butenschoen-Haus faszinierend schlüssig gelungen – Verklärung Jesu im Matthäusevangelium als Grundlage

Lichtspiele in der Kapelle im Butenschoen-Haus in Landau. Fotos: Articus und Röttgen

Altes im Neuen: Der Altar der Kapelle ist aus dem Holz des alten Mammutbaums gefertigt, der dem Neubau weichen musste. Foto: Articus und Röttgen

Der Blick fällt auf 1683 Glasfaserfäden. Daten fürs schnelle Internet schießen da normalerweise durch. In der neuen Kapelle des umgebauten evangelischen Bildungszentrums Butenschoen-Haus in Landau dienen sie als Vorhang vor dem Kreuz. Die Fäden sind innen hohl, erklärt Birgit Weindl, Kunstbeauftragte der Landeskirche und verantwortlich für die künstlerische Gestaltung der Kapelle. So symbolisieren sie die direkte Verbindung von Himmel und Erde in diesem sakralen Raum.

Die Kapelle ist, vom Pavillon auf der Landauer und der Weidenkirche auf der Kaiserslauterer Gartenschau abgesehen, seit vielen Jahren der erste Kirchenbau in der Landeskirche. Und sie wird wohl für noch mehr Jahre die letzte ihrer Art sein. Dabei war sie im ersten Entwurf für den Ausbau des Buten­schoen-Hauses gar nicht vorgesehen. Erst die Initiative von Nutzern des Hauses, der Leiter der dort beheimateten Institute, der Hausleitung sowie des Arbeitskreises Kunst und Kirche hätte zum Umdenken geführt, sagt Weindl. Die Kapelle wurde nachträglich in die Planung eingefügt und baulich in den Eingangsbereich hineingeschoben. Die Wand der Kapelle wölbt sich in den Flur und umfasst sie wie ein schützender Arm.

Der Arbeitskreis Spiritualität der Landeskirche schlug vor, die Verklärung Jesu aus dem Matthäusevangelium als Grundlage für die Gestaltung der Kapelle zu nehmen. Ideen waren da, aber kein Geld, sagt Weindl. Also schied der normale Weg aus, einen Wettbewerb zu veranstalten, den Entwurf eines Künstlers auszuwählen und einen Kostenvoranschlag einzuholen. Die Lösung des Dilemmas war die Zusammenarbeit mit dem Institut für Künstlerische Keramik und Glas der Hochschule Koblenz in Höhr-Grenzhausen. Aus der dortigen Glas-Klasse beteiligten sich acht Studenten an einem Wettbewerb, zwei wurden ausgewählt: Lena Trost für die Raumgestaltung, Michelle Janata für die Glasarbeiten.

Es sei mutig gewesen, Künstler in der Ausbildung zu beauftragen, sagt Weindl. Zunächst habe sie den beiden eher kirchenfernen Künstlerinnen die Grundlagen von Kirche, Theologie und Christentum nahegebracht. In dem rund zweijährigen Prozess seien die beiden jungen Frauen dann zu absoluter künstlerischer Hochform aufgelaufen.

Die Rückwand der Kapelle ist von kleinen Löchern durchbrochen, angeordnet in Form des Sternbilds Fisch, eines alten christlichen Symbols. In die Löcher sind Röhren aus dichroitischem Glas eingefügt, das wie Edelsteine funkelt. Wer von außen durchschaut, sieht je nach Standpunkt sich selbst oder den Altar im Inneren. „Der Mensch entscheidet, ob er nur auf sich oder auf Gott schauen will“, interpretiert Weindl. Der Altar ist, ebenso wie ein paar Hocker und das Regal für die Gesangbücher, aus dem Holz des Mammutbaums gefertigt, der für den Neubau weichen musste. Altes wurde so in das Neue integriert.

„Hier ist gut sein“ (Matthäus 17, 4) steht in silberner, mit Lack aufgetragener Schrift an der Außenwand. Eine Werbung für das Bildungszentrum. Während außen also ein eher weltliches Versprechen für die Gäste des Hauses angebracht wurde, ist das Innere christuszentriert: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; ihn sollt ihr hören“ (Matthäus 15, 5). Diesem ebenso konzentrierten wie flirrenden Moment der Verklärung Jesu entsprechen die Glasstelen in der Kapelle. Sie scheinen in einem dynamischen Zug bemalt; kraftvoll wie Gottes Bekenntnis zum geliebten Sohn.

Sehr zurückhaltend gestaltet ist das silberne Kreuz hinter dem Glasfaserfäden-Vorhang. Der Betrachter muss es erkennen wollen. Die Kreuzung in der Mitte ist ausgespart, der freie Raum entspricht der Augenform des Altars. „Diese Mitte ist dem Menschen vorbehalten“, sagt Weindl. Hier stehe er, könne sich selbst entscheiden zwischen Oben und Unten, zwischen Gut und Böse.

Die Gestaltung der Kapelle ist faszinierend schlüssig. Die Details fügen sich wie von selbst ineinander und legen den Auftrag des Bildungszentrums zeichenhaft offen: Der wache und freie menschliche Geist erkundet die Welt, getragen und gehalten von Gottes Wort. Und diese Botschaft kommt an. Die Leitung des Hauses berichtet, dass die Kapelle von Mitarbeitern und Gästen deutlich stärker frequentiert wird als der alte Andachtsraum. Klaus Koch

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