Sein Büro ist jetzt barrierefrei zu erreichen

Pfarrer Thomas Jakubowski blickt auf 20 Jahre Seelsorge für Behinderte im Kirchenbezirk Speyer zurück

„Die Saat geht langsam auf“: Thomas Jakubowski in seinem neuen Büro. Foto: Landry

Speyer. Noch sind etliche Kartons nicht ausgepackt, stapeln sich Bücher auf den Schränken. Aber so langsam ist Pfarrer Thomas Jakubowski angekommen in seinem neuen Büro, das der landeskirchliche Beauftragte für Behindertenseelsorge und inklusive Gemeindekultur im April in Speyer im Flur des Amts für Kirchenmusik in der Rossmarktstraße bezogen hat. 20 Jahre sind es genau her, dass der damalige Schifferstadter Gemeindepfarrer nebenamtlich Beauftragter für Behindertenseelsorge im Kirchenbezirk Speyer geworden ist. Zwei Jahre später wurde er landeskirchlicher Beauftragter.

Seitdem habe sich vieles verbessert, sowohl von der Einstellung gegenüber Behinderten als auch von der Seite des Gesetzgebers, sagt Jakubowski. „Die Saat geht langsam auf.“ Vor zehn Jahren ratifizierte Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention, viele Grundsätze wurden innerhalb der pfälzischen Landeskirche auf den Weg gebracht.

Diese fördert seit 2007 barrierefreies Bauen. Dafür reist Jakubowski im Schnitt dreimal pro Monat in Kirchengemeinden, schaut sich die Gegebenheiten an, berät, erstellt Gutachten. Im Kirchenbezirk hebt er die barrierefrei zugängliche Gedächtniskirche, was viele für nicht realisierbar hielten, und zuletzt die Induktionsschleife in der protestantischen Kirche in Waldsee als Erfolge hervor. Zuletzt wurden im landeskirchlichen Gebiet die Kirchen in Weilerbach, Sippersfeld und Obersülzen für Rollstuhlfahrer erreichbar. Allerdings sind für ihn bautechnische Veränderungen nur ein Teil der Arbeit, „Türöffner zu anderer Gemeindekultur“.

„Der Anfang der Integration ist gemacht, wenn Kirchengemeinden sich fragen, ob sie Behinderte in der Gemeinde überhaupt wahrnehmen“, formulierte Jakubowski im Jahr 2000 gegenüber dem KIRCHENBOTEN. Daran hat sich nichts geändert, auch wenn der Begriff heute Inklusion lautet. Es geht dem Pfarrer um die „Teilhabe und Teilgabe Behinderter“, das voneinander Lernen Behinderter und nicht Behinderter, umgesetzt beispielsweise in inklusiver Konfirmandenarbeit, die in vielen Dekanaten selbstverständlich ist. Und auch dort, wo dies an Grenzen stößt, lädt Jakubowski nicht aus.

So wird er im kommenden Jahr mit Gemeindediakonin Marion Wagner erstmals eine Gruppe behinderter Jugendlicher in Waldsee konfirmieren – an einem eigenen Termin im Juni. Eine Herausforderung sei die zeitliche Organisation der Konfirmandenarbeit, gerade für Förderschüler. Schließlich stelle den Pfarrer die Ganztagsschule vor Schwierigkeiten. Aber auch inhaltlich habe er lernen müssen, sich anzupassen. Beim Thema Taufe habe er sich so auch mal an einer Wasserschlacht beteiligt. Wege gibt es immer. So auch in einem Fall, in dem eine Zwillingsschwester einer Konfirmandin behindert war. Die Mutter wollte, dass die nicht behinderte Schwester an ihrem Konfirmationstag nicht nur die Schwester betreuen musste. Jakubowski fand eine Lösung: Er engagierte über eine Stiftung eine Assistenzkraft für die Tagesaufgabe.

Grenzen setzen allerdings die Finanzen der Landeskirche. Die Freizeiten für geistig Behinderte, die Jakubowski und Wagner viermal angeboten haben, sind deswegen Geschichte. Geblieben sind inklusive Fahrten wie sie etwa das Landesjugendpfarramt organisiert. Auch das Diakoniewerk Zoar und das Ökumenische Gemeinschaftswerk Pfalz machen entsprechende Angebote. Trotzdem wünschten sich Eltern die Freizeiten zurück. Sein Ziel, sich in dieser Tätigkeit „früher oder später überflüssig zu machen“, wie er zu Beginn seiner Tätigkeit dem KIRCHENBOTEN sagte, hat Jakubowski offenbar noch nicht erreicht. Immer noch nicht gestartet ist ein Großprojekt, bei dem Konfirmanden quer durch die Landeskirche Barrierefreiheit von kirchlichen Gebäuden vor Ort untersuchen sollen.

So bleibt nicht nur beim Thema Umzug noch einiges zu tun. Zumindest das Büro im Erdgeschoss habe sich schon einmal ausgezahlt, sagt Jakubowski. Anders als früher habe ihn nun bereits ein Rollstuhlfahrer besucht. flor

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