Satirische Schriften zeigen Wirkung

Der Landauer Pfarrer Johann Bader hat die Reformation am Oberrhein beeinflusst • von Florian Büttner

Erinnert an einen berühmten Sohn der Stadt: Der Johann-Bader-Platz an der Stiftskirche Landau, wo Bader predigte. Foto: VAN

Ein teilweise verschroben wirkender Pfarrer aus der Reichsstadt Landau, isoliert und ohne großen Einfluss über die Stadtmauern hinaus. So ist in einigen Publikationen über den 1545 verstorbenen Johann Bader zu lesen. Doch Johann Bader war ein engagierter Pfarrer, Reformator, Netzwerker und Verfasser diverser Texte, die weit über die Grenzen Landaus rezipiert wurden. Mit seinen diversen Veröffentlichungen beein­fluss­te er die Ausgestaltung der evangelischen Lehre und nahm an der öffentlichen Diskussion teil, etwa über seine anonym veröffentlichten satirischen Flugschriften.

Die Frage nach dem Ort seiner Geburt, seinen Ausbildungsstationen und seiner Herkunft kann nicht definitiv beantwortet werden. Sichere Daten zu Bader, seiner Ausbildung und seinem Leben sind erst ab seiner Anstellung am Hof in Zweibrücken 1509 bekannt. Dort traf Bader auf ein reformfreundliches Klima, das maßgeblich von Johann Huttich und Johannes Meißenheimer geprägt wurde. Seine Tätigkeit am Hof wird wohl bis zum Jahr 1517/1518 angedauert haben.

Nach seinem Stellenantritt in Landau 1518 schloss er sich schnell der Reformation an. Rückblickend äußert Bader in einer seinem ehemaligen Zögling gewidmeten Schrift, dass er fünf Jahre vor der Veröffentlichung seiner Schrift über das Abendmahl, also 1521, zu reformatorischem Gedankengut bekehrt wurde.

In der Zeit bis 1526 entstanden einige anlassbezogene Schriften, die einerseits Bader „ins rechte Licht rücken“ sollten und andererseits die Gegner des Landauer Reformators und der Reformation öffentlich kritisieren und verächtlich machen sollten. Gerade seine satirischen Texte, die er anonym veröffentlichte, sind Ausdruck dieses Vorhabens.

Im Jahr 1524 veröffentlicht Bader eine Flugschrift, „Die Luterisch Strebkatz“, und ein Flugblatt, „Außführung der Christglaubigen aus Egyptischer Finsternis“. Beide Texte greifen deutlich und unmissverständlich altgläubige Zeitgenossen an, die sich gegen die Reformation positionierten. Das Flugblatt ist wohl erst nach der „Strebkatz“ erschienen. Neben Gegnern Luthers – der Papst, Hieronymus Emser, Thomas Murner, Jakob van Hoogstraten, Jacob Lemp, Johannes Eck, Johannes Cochläus und Johannes Fabri – tritt in beiden Texten auch ein Eichhörnchen auf, das sich am Kampf gegen Luther beteiligt. Dieses Nagetier trägt mit zur Identifikation Baders als Autor bei, da er mit dieser Figur, die Eucharius Henner, den Fiskal des Speyerer Bischofs und Ankläger Baders, darstellt, seinen eigenen Prozess gegen die altgläubige Obrigkeit in die Texte einbringt. Ebenso spricht die räumliche Nähe des Druckorts, Worms, für Bader. In beiden Texten geht er hart mit der altgläubigen Seite ins Gericht, nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich.

Die Sprache ist volkstümlich, mit Sprichwörtern durchsetzt, der Ton derb, grobianisch: So stöhnt der Papst beim Strebkatz-Ziehen: „Ich zeuch daß mir mein arsloch stinkt“; oder Emser nimmt sich vor: „Daß ich ein stoß im (d.h. Luther) geb für dstirn, | Damit zerknitsch sein dolles hirn.“ Selbst platte Namenswitze sind willkommen wie „Kochlöffel“ für Cochläus oder, eigens durch das Versmaß nahegelegt, „Dreck“ für den Doktor Eck: „Mein lieber dr Eck, wie gfelt dir das?“

Mit diesen Veröffentlichungen versucht Bader die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Er wird durch seine Publikationen einflussreicher, als es sein persönliches Netzwerk ermöglichen würde.

1527 wird ein Text Baders gedruckt, der seine Auseinandersetzung mit täuferischen Bürgern Landaus und täuferischen Predigern, Hans Denck und wohl auch Melchior Rinck, dokumentiert. Er stellt die umfangreichste Schrift aus Baders Feder dar. Er bietet Einblicke in Baders Theologie und zeigt ihn als entschiedenen Vertreter der Kindertaufe. Auch die Entwicklung seiner theologischen Überzeugungen lässt sich an ihm nachvollziehen: War Bader anfangs unter anderem nach der Lektüre von Balthasar Hubmaiers Taufbüchlein der täuferischen Position zugeneigt, wird er später auch nach der Rezeption von Huldreych Zwinglis Buch „Von der Taufe“ zu einem Gegner der Wieder- beziehungsweise Erwachsenentaufe. Sein Plädoyer für die Kindertaufe ist also Ergebnis einer Entwicklung, die in ähnlicher Form auch bei anderen Zeitgenossen zu beobachten war.

Mit seinem Text gegen die Wiedertäufer wirkte Bader weit über die Grenzen Landaus hinaus und auf das reformatorische Netzwerk am Oberrhein ein. Seine Schrift wird verbreitet und rezipiert: Johannes Oekolampad bezieht sich in seiner Antwort auf Hubmaiers Taufbuch explizit auf Zwingli und Bader, und die Straßburger Prediger empfahlen sie der Stadt Worms, um dort gegen täuferisch gesinnte Bürger vorzugehen. Gleichzeitig zeigt die Schrift in den Augen einiger Zeitgenossen – etwa Martin Bucer oder Ambrosius Blarer –, dass Bader für höhere Aufgaben geeignet sei. Beide wollen ihn zu Wechseln auf andere Pfarrstellen bewegen. Die potenziellen Arbeitgeber lernen Bader durch seine Veröffentlichungen kennen, oder diese werde ihnen zum „Kennenlernen“ empfohlen. Ohne seine vielgestaltigen Publikationen, die am Oberrhein rezipiert wurden, wären die Reichweite Baders oder auch diese „Jobangebote“ nicht möglich gewesen.

Florian Büttner war bis September 2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Kirchengeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Mit seiner Dissertation über Johann Bader erhielt er im Frühjahr den Agora-Anerkennungspreis der Universität Koblenz-Landau.

Florian Büttner: Johann Bader. Eine biographische Studie zum reformatorischen Netzwerk am Oberrhein; in der Reihe Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 121. Vandenhoeck und Ruprecht, 2020. 302 Seiten, 80 Euro. ISBN 9783525567234

Orte der Reformation

Zu den bekanntesten Stätten der Reformationsgeschichte im heutigen Rheinland-Pfalz zählen Worms, Speyer und die Ebernburg an der Nahe. Martin Luther hatte sich 1521 auf dem Wormser Reichstag geweigert, seine Lehre zu widerrufen. Acht Jahre später protestierten der Reformation zugeneigte Fürsten in Speyer öffentlich gegen die Verfolgung von Luthers Ideen. Der Begriff „Protestanten“ geht auf diese „Protestation zu Speyer“ zurück. Die Ebernburg wurde in den Jahren nach der Veröffentlichung von Luthers Thesen zur Zufluchtstätte für Anhänger des Reformators.

Neben Landau, wo der Theologe Johannes Bader 1522 begann, in der Stiftskirche im Sinne der Reformation zu predigen, finden sich auch im katholisch geprägten Trier Spuren der Reformationsgeschichte. Dort verbreitete anfangs vor allem der Bäckermeister Caspar Olevian den evangelischen Glauben. In dessen bis heute erhaltenen Elternhaus versammelte sich die protestantische Gemeinde bis 1584 heimlich zu ihren Gottesdiensten.

Bekannt sind auch Orte des Widerstands gegen die Reformation. So protestierten in Bacharach die Bürger gegen den neuen Glauben, weil sie um die Einnahmen aus dem Weinhandel mit dem katholischen Rheingau und aus den Wallfahrten zur örtlichen Wernerkapelle fürchteten. epd

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