Mit liebevoller Gelassenheit und großer Zuversicht

Altkirchenpräsident Cherdron wird 75 Jahre alt – Als Prediger ist er nach wie vor sehr gefragt – Er führt den Haushalt und betreut seine Frau

Sie spielt noch immer fehlerfrei vom Blatt: Dorothea und Eberhard Cherdron in ihrem Wohnzimmer in Speyer. Foto: Landry

Sie an der Flöte, er am Flügel, das große Bücherregal mit ausgesuchten Werken im Hintergrund. Ein Bild protestantisch-bürgerlicher Idylle, ein wahrhaftiges Bild – obwohl Dorothea Cherdron an einer Alzheimer-Demenz erkrankt ist. Ihr Mann, Eberhard Cherdron, hat den Haushalt in Speyer übernommen, begleitet sie, kümmert sich und ist guten Mutes. Der frühere Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche der Pfalz wird am Mittwoch, 7. November, 75 Jahre alt. Ein Mensch von großer Gelassenheit und Zuversicht.

Aufgewachsen in einem Pfälzer Pfarrhaus hat er von seinem Vater die Praxis übernommen: Auf der Kanzel gibt es kein Redemanuskript. Gepredigt wird frei im Angesicht der Gemeinde, was in seiner Zeit als Kirchenpräsident (1998 bis 2008) zu einigen Verlusten führte. Anfangs war auf Wunsch seines Büros ein Aufnahmegerät auf der Kanzel ein Muss. Schließlich sollten die frei gehaltenen Predigten dokumentiert werden. Nachdem dieses Gerät immer wieder stehen blieb, bleiben manche Predigten nur der Gemeinde in Erinnerung.

Cherdron, 1943 in Speyer geboren, wuchs im vorderpfälzischen Hochstadt und in Kandel auf. Er studierte von 1963 bis 1967 in Tübingen, Heidelberg, Göttingen und Mainz evangelische Theologie und nach seinem Vikariat in der Saarpfalz von 1970 bis 1974 in Mannheim Volkswirtschaft. In der Zeit seines Zweitstudiums kümmerte er sich um das erste der vier Kinder.

Sieben Jahre war Cherdron Landesjugendpfarrer, sechs Jahre Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in der EKD, 13 Jahre Vorsitzender im Jugendhilfeausschuss des Landes Rheinland-Pfalz. Bereits als junger Pfarrer diakonisch engagiert, wurde er 1984 zum Landespfarrer für Diakonie und 1989 zum Oberkirchenrat gewählt. Er übernahm das Personaldezernat von Werner Schramm und trat 1998 auch dessen Nachfolge als Kirchenpräsident an.

2005 hat ihn die Landessynode im ersten Wahlgang mit großer Mehrheit in diesem Amt bestätigt, während seine beiden Vorgänger drei Wahlgänge zu durchleiden hatten. Cherdron gilt als Brückenbauer, dem es gelang, unterschiedliche Interessen zusammenzuführen. Auf der Ebene der EKD war er Vorsitzender des Diakonischen Rats und der Landjugendakademie Altenkirchen.

Der Eintritt in den Ruhestand vor nunmehr zehn Jahren war für ihn „eine große Umstellung“, obwohl er zunächst eine ganze Reihe neuer Ämter angetreten hat: die Präsidentschaft im Rotary Club Speyer, den Landesvorsitz der evangelischen Akademiker in der Pfalz und drei Jahre später den Bundesvorsitz der Akademikerschaft. Als Kirchenhüter führte er die Besucher durch die Dreifaltigkeitskirche in Speyer. Dann übernahm er die Mediation beim Streit um den weiteren Ausbau der Bundesstraße 10 zwischen Landau und Pirmasens.

Inzwischen hat er all diese Ämter abgegeben und kümmert sich um seine Frau, seine Predigten und seine Buchprojekte. Als Prediger ist er nach wie vor gefragt und steht ein- bis zweimal im Monat auf der Kanzel. Die Vorbereitung sei stressfrei möglich, weil seine Frau inzwischen sehr gerne vor dem Fernsehapparat sitzt. Die Diagnose Alzheimer-Demenz kam vor sieben Jahren.

Zuerst waren noch weite Reisen mit den Chören möglich, in denen beide gemeinsam singen: China, Griechenland und England. Dann forderte die Krankheit zunehmend ihren Tribut. „Die Begrifflichkeiten verschwinden. Seit neun Monaten lasse ich sie nicht mehr allein.“ Bereits seit drei Jahren führt der Kirchenpräsident i.R. alleine den Haushalt, kocht, organisiert und sieht zu, dass alles funktioniert. Sie hilft beim Tischdecken. „Wir gehen zusammen einkaufen und besuchen gemeinsam die Gottesdienste.“ Er will, dass sie sich wohlfühlt, und es sind die eingeübten Rituale, die ihr jetzt Halt und Hilfe sind.

Dazu zählt die Musik – auch bei den Proben im häuslichen Wohnzimmer. Seit seinem 60. Geburtstag dirigiert Eberhard Cherdron jährlich ein Konzert für mehr als 100 Freunde und Bekannte in der Speyerer Auferstehungskirche. Das nächste ist für März 2019 geplant – auch Dorothea Cherdron singt dann wieder mit. Hartmut Metzger

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