Künstlerisches Profil statt Playstation

Der Jugendposaunenchor Pfalz hat sich inzwischen als feste Größe für die Nachwuchsförderung etabliert

Freuen sich auf 17 Auftritte in 2020: Mitglieder des Jugendposaunenchors Pfalz in der Speyerer Gedächtniskirche. Foto: pv

Leiterin des Jugendposaunenchpors Pfalz: Katharina Gortner. Foto: pv

Jemand musste die Idee haben, und sie musste zünden. Den Jugendposaunenchor Pfalz hat vor zehn Jahren Greta Baur auf den Weg geschickt. Und dass ihre Initiative sofort mit reichlich „Zündstoff“ startete, belegt seine noch junge Geschichte bereits in vieler Hinsicht. Schon 2012, dem Themenjahr Kirchenmusik der Lutherdekade, hatte das Nachwuchsensemble in Kaiserslautern beim zentralen Festakt aufhorchen lassen. Seither lässt sich mit den etwa 20 Jungbläsern zwischen zwölf und 26 Jahren richtig gut Staat machen.

Baur, die seit ihrem sechsten Lebensjahr Trompete spielt, hat als Tochter des langjährigen Landesposaunenwarts Traugott Baur die Liebe zum Bläser-Genre sozusagen soziogenetisch eingesogen, spielt „sehr lange schon“ im Pfälzischen Blechbläserensemble und den mehrfach ausgezeichneten „Brass-Kids“ Kaiserslautern. Sie habe damals auf Fortbildungen und Freizeiten, die sie mitbetreut habe, beobachtet, dass Bedarf besteht für ein Angebot über den heimischen Posaunenchor hinaus, erzählt sie: „Etwas, bei dem die Jugendlichen sich ausprobieren können, auch hinsichtlich Literatur und Spieltechnik echt gefordert sind.“

Sie habe ihr „Baby“ gut in die Spur ­gesetzt und bis vor zwei Jahren als Co-Leiterin von Landesposaunenwart Christian Syperek mit Freude betreut, sagt Baur. Aber es sei halt sehr zeitintensiv und „wochenendlastig“ gewesen und mit Beruf und Familie einfach nicht mehr zu vereinbaren. Baur ist Erzieherin, derzeit beim Kinderschutzbund Landau beschäftigt, Mutter und obendrein Pfarrersfrau.

Die neue Frau am Pult ist daher seit zwei Jahren Katharina Gortner. Und auch die gebürtige Pforzheimerin, die ihre Posaune virtuos zu bedienen weiß, ist ein Blechbläsergewächs von klein auf. Sie leitet die Nachwuchsfraktion genau wie ihre Vorgängerin in enger Kooperation mit Christian Syperek. Pultpartnerschaft – funktioniert so etwas? Sie lacht: „Ganz problemlos“, versichert sie. „Es gibt glasklare Strukturen und Verantwortlichkeiten. Und da, wo ich im Einsatz bin, kann ich ganz alleine gestalten.“

Dass Syperek qua Amts die größte Übersicht über Talente in den regionalen Chören habe, Aspiranten gezielt ansprechen könne, stehe außer Frage. Auch Organisatorisches – Konzerttermine, Buchungen für Freizeiten, Fortbildungen – läge automatisch in seiner Kompetenz. „Das heißt nicht, dass ich nicht gestaltend in die Proben- und Konzertarbeit einsteige.“ Und selbstverständlich klinkt sich Gortner auch in die Fortbildung ein.

Darum geht es letztendlich auch Syperek. „Die Jugendarbeit ist ein Kerngeschäft“, versichert er. „Wir haben im landeskirchlichen Spektrum auch keine Probleme, junge Menschen ins Boot zu holen. Der Trend der letzten Jahre ist positiv. Die Zahlen sind steigend. Auch die Geschlechtermischung ist längst kein Thema mehr.“ Vor allem im Bereich Trompete hätte der weibliche Anteil den männlichen längst überflügelt.

Wie auch bei den Landesjugendorchestern werden für den Jugendposaunenchor die Besten berufen. Ein Vorspiel zählt mittlerweile zum Einstiegsprozedere. Es soll ein Forum sein, das auch Hochbegabten Raum lässt, sich adäquat auszuprobieren. Spieltechnischer Motivationsschub.

Nicht zuletzt aber setzt Syperek auf den Schneeballeffekt. „Wir möchten Multiplikatoren ausbilden, die dann fit sind, um in ihren heimischen Posaunenchören wiederum, profiliert und mit aktuellen Literaturkenntnissen ausgestattet, Impulse geben zu können.“ Es ist dieser kommunikative Effekt, der in der Gesamtheit der Posaunenarbeit in der Pfalz besticht.

Man kann die Synergien kaum hoch genug hängen. Denn der soziorelevante Effekt ist bemerkenswert, sagt Syperek. „Auf unseren Freizeiten werden die Kleinen von den Großen betreut; abgeholt, damit sie erst mal Fuß fassen.“ Soziale Kompetenzen werden eingeübt; vom Tischabräumen bis zum Umgang mit vielleicht noch unorientierten Jugendlichen. Rücksicht, Einfühlung, Freundschaft. „Wir versuchen, christliche Werte zu vermitteln durch das Medium Musik, und zwar auf bestem Niveau. Denn es wird um künstlerisches Profil, um ein vorzeigbares Resultat, jenseits von Spielkonsole und Smartphone-Klicks, gerungen.“

Das Jahrespensum hat es in sich. 17 fixe Termine weist die Agenda für 2020 auf. Darin eingeschlossen sind die mehrstündigen Samstagsproben, die meist im Gemeindezentrum Branchweilerhof in Neustadt stattfinden. Aber auch eine Reihe von Konzerten, die Mitwirkung beim Landeskirchenmusiktag in Speyer und Partnerschaftliches wie ein Treffen der Jugendposaunenchöre beim „Sauerland-Herbst“ Anfang Oktober. Traditionell zur Faschingszeit trifft man sich bei einer großen Studieneinheit im Martin-Butzer-Haus. Zur Sommerzeit dann erneut im Kirschtal.

Die Vernetzung mit anderen Jugendposaunenchören innerhalb der EKD klappt gut. „Immer nehmen Teilnehmer anderer Landeskirchen an unseren Fortbildungen teil. Und wir halten das bewusst offen“, sagt Christian Syperek. Dass die Gemeinschaft „JuPo“ unzählige persönliche Partnerschaften – künstlerisch wie privat – auf den Weg gebracht hat, kommentiert das Leitungspersonal mit warmer Genugtuung. „Freundschaften, die vermutlich fürs ganze Leben halten.“

Katharina Gortner jedenfalls hat sich mit Feuereifer und Elan in ihre zukunftsgestaltende Aufgabe begeben. Dass sie eigentlich in der badischen Landeskirche verortet ist – sie unterrichtet Musik und Englisch an einem Karlsruher Gymnasium – sieht sie eher als Chance. Ein zusätzlicher Vernetzungseffekt. Sie hat während der Studienzeit Posaunenchöre geleitet, zum Beispiel den in Mannheim-Neckarstadt. Pädagogisch hatte sie schon vor ihren Examina die Flügel weit gespannt: Bis 2011 hat sie ein Freiwilliges Soziales Jahr bei „Brass for Peace“ an der Deutschen Schule Talitha Kumi in Beit Jala absolviert und dort mit palästinensischen Kindern gearbeitet. Mannigfaches Rüstzeug also, auch als Kammermusikerin im Ensemble „Blech hoch vier“ übrigens, hat sie sich erworben; als solide Grundlage für ihre Arbeit mit dem Pfälzer Bläsernachwuchs, die sie als inspirierend für sich und durchaus zukunftsrelevant im gesellschaftlichen Diskurs erachtet.

Finanziell wird das Ganze übrigens durch den Förderverein Evangelische Bläserarbeit in der Pfalz abgefedert. Der bezuschusst Freizeiten und Fortbildungen großzügig. Und auch alle Konzerterlöse, die nicht zweckgebunden sind, fließen in den großen Topf, der letztlich allen zugutekommt.

Wer die Nachwuchsbläser live erleben will, dem seien zwei Konzerttermine ans Herz gelegt: Samstag, 29. Februar 2020, 18 Uhr, in der Protestantischen Kirche Gries bei Miesau, und am Sonntag, 1. März 2020, 17 Uhr, in der Christuskirche Lustadt. Gertie Pohlit

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