Kommune kündigt Kirchengemeinde Kindertagesstätte

Ortsgemeinde Hinzweiler will ab September 2021 Einrichtung führen – Dekan Schwarz sucht Gespräch mit Verbands- und Ortsbürgermeistern

Seit 1992 ist sie in kirchlicher Betriebsträgerschaft: Die Kindertagesstätte „Villa Winzig“ in Hinzweiler. Foto: Sayer

Sorgen um die Zukunft kirchlicher Kindertagesstätten machen sich derzeit Pfarrer im Dekanat „An Alsenz und Lauter“. Hintergrund ist die Kündigung des Kindertagesstätten-Vertrags der Ortsgemeinde Hinzweiler mit der Kirchengemeinde. Inzwischen hat sich der Verbandsgemeinderat Lauterecken-Wolfstein für die Übernahme der Trägerschaft ausgesprochen. Das Beispiel könne Schule machen, befürchten nun auch weitere Kirchengemeinden.

Die Ortsgemeinde hatte der Einrichtung zum September 2021 gekündigt. „In Windeseile und ohne Rückfragen“ sei die Entscheidung des Gemeinderats im August verlaufen, kritisiert die Leiterin des protestantischen Verwaltungsamts in Otterbach, Sonja Noseck. Nicht wenige Kirchengemeinden kooperierten bereits seit den 1970er Jahren mit Kommunen, betont Dekan Matthias Schwarz. „Nun sollen wir im Hauruckverfahren rausgekegelt werden.“ Auch Oberkirchenrat Manfred Sutter hatte den Ratsbeschluss kritisiert.

Seit 1992 ist die „Villa Winzig“ in kirchlicher Betriebsträgerschaft, die Gebäudeträgerschaft liegt bei der Ortsgemeinde. Bürgermeister Gunter Suffel erhofft sich unter kommunaler Trägerschaft „mehr Mitbestimmung“. Zwei Kindergärten sind bereits in Trägerschaft der Verbandsgemeinde. Deren Bürgermeister Andreas Müller (SPD) argumentiert, in deren Trägerschaft verbessere sich die Position der Gemeinde, beispielsweise bei Investitionsentscheidungen. Für die „Villa“ mit 25 Kindern gibt es aktuell Erweiterungspläne. „Wir bräuchten Kapazität für 40 Kinder“, sagt Hinz­weilers Pfarrer Mathias Gaschott. Doch gebe es für den Bau der zweiten Gruppe keinen landeskirchlichen Zuschuss, dies sei ohnehin Aufgabe der Kommune. Laut Gaschott wird der bevorstehende Trägerwechsel auch von Eltern mit Unverständnis begleitet. „Ich bedauere das sehr, die Kita war für mich immer eine Herzensangelegenheit“, sagt er und fügt hinzu: „Zahlreiche Kollegen sind jetzt alarmiert.“ So gab es jüngst im Wolfsteiner Stadtrat Stimmen, die Kindertagesstätte ebenfalls in kommunale Hände zu legen.

„Wir fühlen uns vor den Kopf gestoßen“, kritisiert auch der Rothselberger Pfarrer Mathias Müller. Seine Frage an den Verbandsgemeinderat, wie künftig der Eigenanteil des freien Trägers an den Personalkosten aufgebracht werden soll – in Hinzweiler sind dies jährlich rund 30000 Euro – blieb in der Ratssitzung am 8. September unbeantwortet. Allerdings hatte die CDU-Fraktion wegen dieser Frage nach möglichen finanziellen Mehrbelastungen den Antrag auf Vertagung gestellt. Dieser wurde jedoch abgelehnt. Müller zufolge kommen auf die Verbandsgemeinde keine Mehrkosten zu. Diese würden auf die Ortsgemeinde und die Einzugsgemeinden der Kindertagesstätte umgelegt. „Wir sind nicht sehr hoffnungsvoll in die Sitzung gegangen“, berichtet Gaschott, der die Entscheidung des Verbandsgemeinderats mit einigen Kollegen verfolgte. Dass die Ankündigung, Mehrkosten auf die Gemeinden umzulegen, keine Reaktionen auslöste, habe ihn erstaunt.

Kirchenvertreter kritisieren einen fehlenden Austausch: „Wir hatten keine Gelegenheit, uns früher zu äußern“, moniert Noseck. Viele Gespräche seien „nicht mit uns, sondern um uns herum geführt“ worden. Auch der Jettenbacher Pfarrer Norman Roth bedauert die fehlende Diskussion. Eine von der Kirchengemeinde Hinzweiler angebotene Beteiligung in einem Kindertagesstätten-Ausschuss habe kein Gehör gefunden, ergänzt Gaschott.

Die Kirchenvertreter wollen nun offensiv das Gespräch mit den Kommunen suchen. Dekan Schwarz hat bereits um ein Treffen mit Verbandsbürgermeister Müller gebeten. Nachdem ihm zugetragen worden sei, dass Bestrebungen auch in Wolfstein anstünden, habe er auch Stadtbürgermeister Herwart Dilly um ein Gespräch gebeten. Er setzte sich dafür ein, dass die Kindertagesstätten im 2019 gegründeten Trägerverbund des Dekanats bleiben. Laut Kita-Gesetz ist die Übernahme der Trägerschaft dann Aufgabe der Gemeinde, wenn sich kein freier Träger findet. „Die freie Trägerschaft ist demnach der kommunalen oder staatlichen Trägerschaft vorzuziehen“, betont Noseck. suca

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