Kirchengemeinde auf den Spuren der einstigen Brauerei

In diesem Jahr könnte das „Stiftsbrauhaus“ in Landau seine Pforten öffnen und gleichzeitig für die Werte Inklusion und Nachhaltigkeit werben

Geschlossen: Die Kneipe „Kreuz + quer“ der Stiftskirchengemeinde Landau. Foto: pv

Zeitreise: Stiftskirche und Brauerei im 19. Jahrhundert. Foto: pv

Ein knappes Jahr, nachdem die Planungsgruppe ihre Arbeit begonnen hat, steht das Konzept für einen integrativen Gastronomiebetrieb als Nachfolgeprojekt der 2016 nach Insolvenz geschlossenen alkoholfreien Kneipe Kreuz und Quer in Landau. Das Presbyterium der Stiftskirche hatte die Geschäftsführerin der Bürgerstiftung Pfalz, Christiane Steinmetz, beauftragt, ein Konzept zur gastronomischen Nutzung des Gewölbekellers zu erarbeiten (Wir berichteten in KIRCHENBOTE 39/2018, Seite 3). Das „Stiftsbrauhaus“ oder „Stiftsbräu“ könnte künftig Gäste mit Bier, Bio-Wein, Säften und kleiner, aber pfiffiger Speisekarte anlocken.

Dekan Volker Janke und Christiane Steinmetz betonen, dass sich das durch die Marktanalyse der Firma „cbg Beratung“ bestätigte Ziel, eine tragfähige Alternative zur Gastronomie in Landau und Umgebung zu finden, mit dem Wunsch nach einer werteorientierten Ausrichtung deckt. Finanziert hat die Arbeit der Marktprüfer teils die „Aktion Mensch“. Denn wesentliche Komponente der Neuausrichtung ist die Inklusion von Menschen mit Behinderung – drei von fünf bis sechs fest angestellten Kräften nach derzeitigem Stand.

Fündig wurden die Marktforscher im Zentralarchiv der Landeskirche. Demnach hatte es bereits ab dem 18. Jahrhundert im katholischen Areal um die Stiftskirche – die bis 1893 als Simultaneum genutzt wurde – eine Stiftsbrauerei gegeben, die später privat betrieben wurde. Als in der Weltwirtschaftskrise der gesamte private Gebäudebestand östlich der Stiftskirche zur Insolvenzmasse schrumpfte, kaufte die protestantische Kirchengemeinde am 28. Juli 1928 die Gebäude auf. Die vergleichsweise geringe Summe von 90000 Reichsmark wurde für das gesamte Areal bezahlt. Eine Intervention des damaligen Landauer Reichstagsabgeordneten, Geheimrat Zapf, befreite die Kirchengemeinde von der nicht geringen Grunderwerbsteuer. Mit dem Kauf erwarb die Stiftskirchengemeinde das bis heute bestehende Malz- und Braurecht. Allerdings gebe es diesbezüglich keinerlei Ambitionen, sagt Janke.

Steinmetz hat ein detailliertes Finanzierungs- und Organisationskonzept erarbeitet. Das Catering könnte das Stiftsgut Keysermühle leisten, was finanziell – kein Küchenchef, kein aufwendiger Küchenumbau – deutlich entlaste. Für die Raumgestaltung lägen für alle Gewerke je zwei Angebote vor. „Wir wollen die Sandsteine im Gewölbe freilegen, alles heller und mit Naturmaterialien gestalten“, so Steinmetz. Geöffnet sein soll der Betrieb jeweils in den Abendstunden. „Im Sommer, bei schönem Wetter inklusive Biergarten auch über Mittag. Und vielleicht an den Wochenenden.“

Als Rechtsform ist eine gemeinnützige GmbH vorgesehen. Da die Gesellschafterversammlung der Bürgerstiftung jetzt einer Beteiligung an der Betriebsführung zugestimmt hat, muss mit dem Presbyterium vereinbart werden, in welchem prozentualen Verhältnis sich beide Partner die Gesellschafteraufgabe teilen. „Alleine könnten wir das keineswegs stemmen“, sagt Janke. Steinmetz wiederum sieht im Bereich Verwaltung, Finanzmanagement und allen gastronomischen Belangen gute Felder für ihre Zuarbeit. Ebenso bei der Einarbeitung und Betreuung der behinderten Beschäftigten. „Wichtig bleibt, dass wir unser Konzept der Nachhaltigkeit, Inklusion und Verwendung regionaler, ökologisch erzeugter Produkte hier mit einbringen können“, sagte sie.

Wenn das Modell der Zusammenarbeit steht, wird eine Begutachtung durch eine vom Land bestellte Beratungsstelle für Inklusionsbetriebe erfolgen. Janke und Steinmetz sind zuversichtlich. „Allenfalls müssen wir im Detail nachbessern.“ Wenn auch diese letzte Hürde genommen ist, können die Anträge an die Aktion Mensch und das Land gestellt werden. Mit rund 250000 Euro sogenannter Impulsförderung darf für die ersten fünf Jahre gerechnet werden, außerdem wird jeder Behindertenarbeitsplatz mit 30000 Euro gefördert. gpo

Meistgelesene Artikel