Helfen im Angesicht der Krise

Klaus-Peter Edinger erinnert sich an seine Zeit als Pfarrer in Simbabwe – Weltgebetstag am 6. März

Trägt Afrika im Herzen: Pfarrer im Ruhestand Klaus-Peter Edinger mit einer Mbira, einem Daumenklavier aus Simbabwe, in seinem Haus im rheinhessischen Flonheim. Foto: KB

In Simbabwe: Frauengruppe der Martin-Luther-Gemeinde Harare. Foto: pv

Sieben Jahre lang, von 2006 bis 2013, hat der pfälzische Pfarrer Klaus-Peter Edinger die deutsche Auslandsgemeinde in Simbabwe betreut. Seine Zeit in der Martin-Luther-Gemeinde in Harare hat der 68-Jährige trotz aller politischen Krisen sehr genossen. Simbabwe ist dem gebürtigen Ludwigsha­fener, der Mitte der 1990er Jahre mit seiner Familie schon einmal im südlichen Afrika lebte, ans Herz gewachsen. Damals betreute er die evangelisch-lutherische Kirche im südafrikanischen Port Elizabeth. Angesichts des Weltgebetstags, der das einstige Vorzeigeland Afrikas und heutige Sorgenkind Simbabwe in den Blick nimmt, schaut Edinger zurück.

„Ich hatte von dieser Stelle bei einem Bonhoeffer-Kongress in Kapstadt gehört“, sagt Edinger. Zur Hälfte Gemeindepfarrer, zur Hälfte Lehrer am College, das habe ihn angesprochen. Um sich bewerben zu können, promovierte er nach seiner Rückkehr von Südafrika. „Ökumenisches Krisenmanagement wagen: Sich der Krise Fremdsein stellen“, so lautete seine Doktorarbeit. Ein Thema, das ihn nicht nur im gerade aus der Apartheid entlassenen Südafrika beschäftigte, sondern ihn auch in Simbabwe begleiten sollte.

„Wir waren die einzige lutherische Gemeinde, die englischen Gottesdienst gehalten hat. Deshalb waren wir sehr multikulturell“, sagt Edinger. Regelmäßig habe die Kirche sonntags gebebt von Gesängen. „Ich hätte keinen einzigen Gottesdienst versäumen mögen.“ Zu beobachten, wie die Überwindung der Rassentrennung funktionieren kann, das sei für ihn mit Grund gewesen, nach Simbabwe zu gehen. „Das Anderssein nicht als etwas Befremdliches wahrnehmen, sondern als etwas Bereicherndes – das habe ich versucht zu leben in der Gemeinde“, sagt Edinger. Dennoch waren es jetzt neue Risse, die die Gesellschaft durchzogen. Seit dem Jahr 2000 hatte Präsident Robert Mugabe 4000 der rund 4500 weißen Farmer gewaltsam enteignen lassen. Viele Farmen verkamen, das Land schlitterte in Hungersnöte, musste Lebensmittel importieren. Zwischen der regierenden Partei Mugabes, der ZANU-PF, und der Opposition um Morgan Tsvangirai entwickelte sich ein Machtkampf.

Als im September 2008 Parlaments- und Präsidentenwahlen angekündigt wurden, lud die deutsche Botschaft Edinger ein. Krisenszenarien wurden durchgespielt. „Wir haben Lebensmittel angeschafft, gelernt, wie wir Funkkontakt herstellen.“ Tsvangirai gewann die Parlamentswahl, das Ergebnis der Präsidentschaftswahl wurde erst einmal zurückgehalten. „Das Militär hat Mugabe letztlich gedrängt, weiterzumachen“, sagt Edinger. Danach habe es auf dem Land eine regelrechte Hexenjagd auf Oppositonsanhänger gegeben. 30000 Leute flüchteten nach Harare. „Wir können als Kirche nicht schweigen, können nicht zusehen, wie die Leute vor die Hunde gehen“, erklärte sich Edinger mit seiner Gemeinde Tsvangirai gegenüber. Die Bilder der vielen Opfer der Verfolgungen sind Edinger jetzt noch vor Augen. Während viele Einheimische Trauer verspürt hätten, sei es bei ihm vor allem Zorn gewesen.

Der Pfarrer wollte etwas tun, erbat sich über einen Unterstützerkreis in Deutschland Hilfe. „Die E-Mail habe ich auf Pfälzisch verfasst mit griechischen Buchstaben, denn ich wusste, das wird gelesen.“ Mit dem erhaltenen Geld importierte die Kirchengemeinde 36 Tonnen Mais aus Südafrika, teilte ihn unter Bedürftigen aus. Dass darunter auch Anhänger Mugabes waren, durfte ihn nicht stören. „Die hatten auch Hunger.“ Längst stand Edinger unter Beobachtung des Geheimdiensts. Agenten versuchten, ihn am College oder zu Hause abzupassen. Das Land sei total politisiert gewesen, erinnert sich Edinger. „Ich musste immer überlegen, auf wessen Seite steht mein Gesprächspartner.“ Einmal habe er sich hier auch verschätzt, als er dem Dekan wegen des Unrechts im Land sein Leid geklagt habe. „Er sehe kein Leid“, habe der geantwortet. Wie Edinger später erfuhr, war es der Schwiegersohn des Bischofs – ein erklärter Mugabe-Anhänger.

Auch innerhalb der Kirchengemeinde standen sich die politischen Positionen gegenüber. Und dennoch funktionierte das Gemeindeleben. „Erst kommt die menschliche Beziehung, darauf baut alles auf, das ist etwas grundsätzlich Afrikanisches“, sagt Edinger. Dennoch: Im Jahr 2013, als erneut ein Sieg der Opposition zu erwarten war, wurde sein Visum nicht verlängert, er musste Simbabwe verlassen – gegen seinen Wunsch. „Es war die mit Abstand schönste Stelle, die ich je hatte.“

Immer noch hält Edinger Kontakt zu ehemaligen Studenten und zu Gemeindemitgliedern, engagiert sich in der deutsch-simbabwischen Gesellschaft. Nach dem Abdanken Mugabes 2017 war Edinger – nun im Ruhestand – erst vorsichtig optimistisch gewesen, gibt er zu. Wie sich Simbabwe weiter entwickelt, sei allerdings momentan schwer zu sagen. Dennoch ist für ihn klar: „Ich möchte gern irgendwann noch einmal hin.“ Florian Riesterer

Frauen im Land

95 Prozent der Einwohner sind offiziell arbeitslos, das meiste Geld wird im informellen Sektor verdient, sagt Edinger. Frauen spielen in Simbabwe, das etwa so groß ist wie Deutschland und Belgien zusammen, trotz der patriarchalen Gesellschaft eine große Rolle. „Wegen der Krankheit Aids haben Großmütter eine ganze Generation erzogen.“ Überhaupt kommt der Familie große Bedeutung zu. Aus dieser Ordnung bricht man nicht aus, das Alter wird geehrt, sagt der Pfarrer. „In sechs Jahren Konfirmandenunterricht musste ich nie jemanden ermahnen.“ Zum Teil bremse dieses Denken aber die Entwicklung im Land. Frauengruppen setzten hier neue Akzente. flor

Termine zum Weltgebetstag

Insgesamt mehr als 270 Veranstaltungen in der Pfalz und Saarpfalz

Von der katholischen Kirche Albersweiler bis zur protestantisch-methodistischen Kirche Zweibrücken feiern Christen am Freitag, 6. März, an mehr als 270 Orten in der Pfalz und Saarpfalz ökumenische Gottesdienste zum Weltgebetstag. Häufig werden landestypische Spezialitäten gereicht. Eine Übersicht zu den einzelnen Terminen ist unter www.evkirchepfalz.de zu finden.

Bereits am Montag, 2. März, 18 Uhr, hält Emmi Müller im Gemeindehaus der protestantischen Kirchengemeinde Ramstein-Miesenbach einen Vortrag zum Weltgebetstagsland Simbabwe. Um 20 Uhr spricht Ulrike Brunck im Haus der Familie Bad Bergzabern, Luitpoldstraße 22, über das kranke Gesundheitssystem des Landes und die Auswirkungen des Klimawandels dort. Ein Porträt des Landes zeichnen am Mittwoch, 4. März, auch Pfarrerin Ute Sa­miec um 15 Uhr in Mehlingen, Spelzenhofstraße 27a, Marianne Schreiner um 19 Uhr im Gemeindehaus in Weisenheim am Berg, Kirchgasse 9, sowie am Donnerstag, 5. März, um 14.30 Uhr Pfarrerin Martina Horak-Werz im Gemeindehaus Gommersheim. In der Karlskirche Zweibrücken ist Kunst von Granete Ngirandi zu sehen. Die Ludwigshafenerin kam mit 28 Jahren aus Simbabwe nach Deutschland. flor

Vorträge von Klaus-Peter Edinger zu Simbabwe: Freitag, 6. März, 18.30 Uhr, evangelisches Gemeindehaus Rheinzabern; Sonntag, 29. März, 14.30 Uhr, Heidelberg, Stift Neuburg.

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