Freiwillig aus der Bequemlichkeit herauskommen

Marie-Luise Steffler hilft allen Kindertagesstätten der Landeskirche beim Klimaschutz – Projektstelle in der Arbeitsstelle Frieden und Umwelt

Macht Kindertagesstätten in Sachen Klima fit: Marie-Luise Steffler in Speyer. Foto: Landry

Der Blick von ihrem Büro reicht weit über die Dächer Speyers. „Dort hinten ist die Krähenkolonie“, sagt Marie-Luise Steffler und deutet auf eine Gruppe höherer Bäume in Nähe des Doms. Natur mitten in der Stadt, das freut sie. Seit 1. Februar ist sie Klimaschutzmanagerin für die Kindertagesstätten der Landeskirche. Steffler sitzt im vierten Stock der Arbeitsstelle Frieden und Umwelt. Hier ist die auf vier Jahre befristete Projektstelle angesiedelt. 65 Prozent trägt das Bundesumweltministerium.

Für die 36-Jährige mit einem Ingenieursdiplom in Energie- und Umwelttechnik sowie einem Abschluss in Umweltwissenschaft ist es die erste Arbeitsstelle. „Eine interessante Schnittstelle zwischen Umweltwissenschaft und Umweltpädagogik“, sagt Steffler. „Es ist etwas anderes, nur wissenschaftlich zu arbeiten, in der eigenen Suppe zu rühren und Ist-Zustände zu analysieren oder andere zu motivieren, ihr Verhalten zu ändern.“ Außerdem hätten ihr Freunde immer wieder nahegelegt, doch Lehrerin zu werden.

Wie gehen wir mit der Umwelt um, wo stehen wir, was können wir besser machen? So lautet die Kurzbeschreibung dessen, was Steffler anbietet. Wie viele von den 241 Kindertagesstätten der Landeskirche im Laufe der vier Jahre teilnehmen, weiß sie nicht. Die Einrichtungen verpflichten sich freiwillig, ein entscheidender Punkt, findet die gebürtige Leipzigerin. „Ohne eigene Motivation geht es nicht.“ Genauso wichtig sei, nicht alle über einen Kamm zu scheren, individuelle Lösungen zu finden, die aber so gestaltet sind, „dass sie in den Alltag der Einrichtung integriert werden und nicht Mehrarbeit für die Erzieherinnen und Erzieher sind“.

Wer als Einrichtung teilnimmt, arbeitet sich mit Steffler an mehreren Modulen ab. Für verschiedene Bereiche können Punkte gesammelt werden, am Ende steht eine kleine Prämie. Beim Thema Gebäudetechnik etwa könne sich ein Energieteam aus Erzieherinnen und Vorschulkindern bilden, das gemeinsam der Haustechnik auf den Grund geht. Wo kommt das Wasser her, wo der Strom, wie läuft die Heizung?

In einem zweiten Schritt könnten Energiedaten erfasst werden, dazu seien Begehungen mit der Bauabteilung der Landeskirche möglich sowie mit Elternvertretern. Ziel seien dann gering investive Maßnahmen wie Heizungsventile, Fensterdämmungen oder Türschließer, die die Heizkosten senkten. Steffler animiert die Einrichtungen auch, energiesparendere Elektrogeräte anzuschaffen. Derzeit bereitet Steffler einen Sammelförderantrag beim Projektträger Jülich über die Klimaschutzinitiative des Bundes vor. Dieser übernimmt 40 Prozent der Kosten. Mehr als 50 Geräte, für die protestantische Kindertagesstätten Geld beantragen, stehen bereits auf Stefflers Liste.

Beim Thema Ernährung wiederum soll deutlich werden, was diese mit Klimagerechtigkeit zu tun hat. Hier sind Aktionen der Ideenplattform „Kita global“ denkbar, wie sie der Missionarisch Ökumenische Dienst der Landeskirche anbietet. Steffler ist auch mit einem Mann im Gespräch, der Kindern Kartoffeln nahebringen will. „Es geht um ökosoziale Beschaffung von Nahrung.“

Mobilität soll ein weiterer Baustein sein. Klar sehe es in ländlichen Gebieten anders aus als in der Stadt, wo das Auto oft verzichtbar ist, weiß auch Steffler, selbst Mutter einer 14-jährigen Tochter. Denkbar sei auch eine Mobilitätskarte, auf der in der Kindertagesstätte alle – Kinder, Eltern und Erzieherinnen – eintragen, welche Wege sie mit welchen Verkehrsmitteln an einem Tag in die Einrichtung und zurück nehmen.

Steffler selbst freut sich, dass sie durch ihren Wohnort Speyer auf das Auto verzichten kann. Sie sei hier durch ihre Eltern geprägt, die ihren Trabi noch vor der Wende verkauft hätten. „Als Kind bin ich immer durch den Park oder den Auwald in Leipzig zur Schule geradelt, in den Urlaub ging es mit dem Zug oder wir haben Radtouren gemacht.“ Auch deshalb ist sie sich sicher: Jede Entscheidung des Verbrauchers für oder gegen ein Verhalten ist auch eine emotionale. Rein mit Fakten sei niemand zu beeindrucken. „Und ich will den Leuten nicht noch ein schlechtes Gewissen machen, die meisten wissen ja, was schlecht ist.“ Florian Riesterer

Einrichtungen können sich unter der Telefonnummer 06232/671519 oder per E-Mail an steffler(at)nospamfrieden-umwelt-pfalz.de melden.

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