Familie Kindergartenplatz gekündigt

Uneinigkeit über religionspädagogisches Angebot – Vater schlägt Ethikeinheit für muslimische Kinder vor

Besuchen 115 Kinder, davon 53 Muslime: Der evangelische Lutherkindergarten im Zentrum von Pirmasens. Foto: Scharf

Der evangelische Lutherkindergarten in Pirmasens hat einer Familie den Kindergartenplatz für deren Sohn gekündigt. Vorausgegangen waren dem unterschiedliche Einstellungen von Kindergartenleitung und den beiden Elternteilen, was die Berührung mit dem christlichen Glauben betrifft.

Einmal im Monat besuchen die Kinder bei der Aktion „Kita-Kirche“ die benachbarte Lutherkirche. Die Familie habe für ein Ethikangebot für Muslime während dieses Kirchenbesuchs angefragt, dem sie aber eine Absage erteilt habe, sagt Leiterin Daniela Kroiß: „Die Einrichtung hat ein klares christliches Profil. In der ,Kita-Kirche‘ geht es in erster Linie um eine protestantische Wertevermittlung. Diese Werte gelten auch für nicht christliche Kinder.“ Dazu gehörten grundlegende Umgangsformen, Toleranz und Offenheit gegenüber anderen Religionen, unabhängig davon, an welchen Gott man glaube, sagt Kroiß. Sie bedauert, dass alle Versuche, die Familie zu überzeugen, nicht gefruchtet hätten. So habe unter anderem die Mutter des Kinds die „Kita-Kirche“ einmal miterleben dürfen. Kroiß erzählt, sie habe sich schließlich vom Vater unter Druck gesetzt gefühlt. Das habe zur Kündigung geführt. Der Vater widerspricht. Er habe nur die harte Linie des Kindergartens nicht verstanden.

Sie habe noch nie von so einem Fall gehört, sagt Annette Wehning, Fachberaterin für kulturelle und religiöse Vielfalt in Kindertagesstätten bei der Diakonie in Speyer. Generell sei Transparenz gegenüber den Eltern in Bezug auf religiöse Inhalte wichtig. Wehning plädiert dafür, auf die unterschiedlichen Identitäten der Kinder einzugehen. Genau das passiere, sagt Kroiß. So würden etwa muslimische Feste aus dem Alltag der Kinder heraus zum Thema gemacht. Schließlich seien von den 115 Kindern 53 Muslime.

Pfarrer Frank Wolf vom Trägerverband der protestantischen Kindertagesstätten in Ludwigshafen sind Konflikte in Bezug auf die Religion ebenfalls kaum bekannt. Schließlich werde bei der Aufnahme der Kinder klar auf das Konzept hingewiesen, sagt er. „Wer das nicht möchte, wird nicht aufgenommen.“ Allerdings suchten gerade viele muslimische Eltern den Kontakt zu christlichen Kindergärten. Die Herausforderung sei, in Einrichtungen mit mehrheitlich muslimischen Kindern diese in Glaubensthemen einzubeziehen. Sich anzuschauen, wie die Geburtsgeschichte Jesu im Koran thematisiert wird, könne in der Weihnachtszeit eine Brücke schlagen zur anderen Religion, nennt Fachberaterin Wehning ein Beispiel. Florian Riesterer

Meistgelesene Artikel