Empfehlung für Landeskirche: Mehr Kostenbewusstsein

Pfarrer Wolfram Kerner: Bei Kindertagesstätten entschiedener verhandeln – Für die Gespräche mit den Kommunen von den Katholiken lernen

Hat ein Jahr lang wegen der Kostenverteilung der Kindertagesstätte Fußgönheim verhandelt: Pfarrer Wolfram Kerner. Foto: pv

Ob die Novelle des rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetzes für die Landeskirche tatsächlich eine finanzielle Entlastung bedeutet, steht noch nicht abschließend fest. Egal, wie die Berechnung ausgehe, müsse sich die Kirche jedoch künftig stärker als in der Sache ernst zu nehmender Verhandlungspartner gegenüber den Kommunen präsentieren, sagt der Fußgönheimer Pfarrer Wolfram Kerner.

Hintergrund ist die fällige Sanierung der evangelischen Luther-Kindertagesstätte in Fußgönheim, wo gegen Ende des Jahrs 2016 ein Wasserschaden festgestellt worden war. In diesem Zusammenhang hatte Bürgermeisterin Marie-Luise Klein den bisherigen Vertrag zwischen Orts- und Kirchengemeinde an einer Stelle infrage gestellt. Da zwar Instandsetzungsarbeiten darin geregelt waren, aber der Begriff Sanierungen fehlte, wurde eine Beteiligung der Ortsgemeinde in Höhe von 65 Prozent angestrebt, 20 Prozent weniger als der vertraglich geregelte Anteil bei den Sachkosten.

In den Verhandlungen, die im Jahr 2017 begannen und sich über ein ganzes Jahr hinzogen, erreichte Kerner, der außerdem diplomierter Bauingenieur ist, dass zu den Sachkosten dezidiert auch Sanierungen zählen. Darüber hinaus führte er die Verwaltungskosten des Kindergartens ins Feld, die die Kirchengemeinde bisher zu 100 Prozent getragen hat. Künftig zahlt hier die Kommune die Hälfte dieser Kosten. Laut Kerner ist dies ein Präzedenzfall innerhalb der Landeskirche.

Allein die Entlastung bei den Verwaltungskosten sei für das Jahr 2016 gerechnet mit 28?000 Euro höher als die jährliche Schlüsselzuweisung der Landeskirche inklusive Zuschüsse, machte Kerner den Wert des Ergebnisses deutlich. Um den Erhalt von Kindertagesstätten auch für die Zukunft sicherzustellen, müsse es daher ein stärkeres Bewusstsein für die Kosten geben, die eine solche Einrichtung verursache. Gemessen werde hier mit zweierlei Maß, ärgert sich der Pfarrer. Es könne nicht sein, dass Kirchengemeinden Spardiktate auferlegt werden und auf der anderen Seite bei Kindertagesstätten nicht stärker die Lastenverteilung insbesondere bei der Verwaltung hinterfragt werde.

Kerner verweist auf die katholische Kirche, die in den vergangenen Jahren deutlich effizienter verhandelt habe mit dem Ergebnis einer finanziell höheren Entlastung. „Man kann nicht nur den Katholiken zuschauen, wie sie es besser machen – und uns nimmt niemand ernst“, sagt Kerner. Das Postulat, Kindertagesstätten in jedem Fall zu erhalten, habe jede Verhandlung obsolet gemacht. Es könne angesichts des gestiegenen finanziellen Drucks auf Kirchengemeinden und Pfarrer nicht mehr gelten. „Gute Arbeit in Kindertagesstätten ist uns wichtig, aber nicht zu jedem Preis“, müsse die Ansage sein.

Kerner schlägt konkrete Maßnahmen vor: „Die Landessynode könnte Mindestkosten beschließen, die Kommunen bei Kindertagesstätten zu tragen haben.“ Das stärke Pfarrer und Presbyterien bei späteren Verhandlungen. Seiner Erfahrung nach seien Letztere oftmals eher an einer Schlichtung eines Streits wegen der Verteilung von Kosten als an einer harten Auseinandersetzung interessiert – auch um das Bild von Kirche nicht zu beschädigen. Letztendlich tue man sich und dem Fortbestand gut geführter Kindertagesstätten aber damit keinen Gefallen.

Eine generell verbesserte Verhandlungsposition von Kindertagesstätten als noch vor einigen Jahren sieht Achim Glang vom zuständigen Dezernat der Landeskirche. Dies liege an der gestiegenen Nachfrage nach Plätzen in den Einrichtungen. Allerdings sei die Bereitschaft von Kommunen vor Ort, Kosten zu übernehmen, sehr unterschiedlich, erklärt Glang, der häufig zusammen mit Presbyterien und Pfarrern verhandelt. Er habe auch schon die Argumentation vonseiten der Kommune gehört, dass es ja letztendlich Wunsch der Kirche sei, die Einrichtungen zu führen. Grundsätzlich stehe man zwar schon zu den Kindertagesstätten, sagt Glang. Dies habe aber Grenzen: „Die Kirchengemeinde darf durch die Kindertagesstätten nicht dauerhaft negative Zahlen schreiben.“ flor

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