Ein Astrophysiker als Spezialist in Sachen Elektronik

Der Altriper Andreas Schmidt arbeitet sich an der Seite von Gero Kaleschke als Orgelbau-Sachverständiger der pfälzischen Landeskirche ein

Lernt in seinem Ehrenamt Stück für Stück alle Orgeln der pfälzischen Landeskirche kennen: Andreas Schmidt. Foto: VAN

Es sind schon ziemlich große Schuhe, in denen er sich da auf den Weg begeben muss. Und dessen ist sich Andreas Schmidt fraglos bewusst. Im Rahmen des Landeskirchenmusiktags in Speyer war der promovierte Astrophysiker der Öffentlichkeit vorgestellt worden: als neuer Orgelbausachverständiger der Landeskirche und designierter Nachfolger von Gero Kaleschke.

Dessen Verdienste um den pfälzischen Orgelbestand protestantischer Kirchen sind nach mehr als 30 Jahren im Amt legendär. Ganz aufhören indes will er noch nicht. Soll er auch nicht. „Komfortabler könnte die Situation kaum sein“, sagt Schmidt. Dass Kaleschke ihn seit rund fünf Jahren schon einbindet, ihn aus der zweiten Reihe teilhaben, Erfahrung aufbauen lässt, sei unschätzbar. Dabei hat sich mit zunehmender Trittsicherheit des jungen Kollegen schon ein arbeitsteiliges Modell herauskristallisiert. Da, wo es aktuell auch im Orgelbau zusehends um elektronische und digitale Thematiken geht, überlässt Kaleschke dem jungen Spezialisten gerne die Federführung.

Mehr als 400 Orgeln befinden sich im Bestand der Landeskirche. Diese gilt es regelmäßig zu pflegen, zu warten, zu reparieren oder auch zu restaurieren und im Einzelfall durch ein neues Instrument zu ersetzen. Kirchengemeinden und Organisten mit solchen Problemen dürfen sich an den Orgelbeauftragten wenden. Freilich hat er lediglich beratende Funktion und das auch nur im Hinblick auf alle baulichen und technischen Belange. Schwappen Entscheidungen – etwa beim Orgelneubau – ins Feld der künstlerischen Bewertung, so ist der Landeskirchen-Musikdirektor, als Orgelsachverständiger alleinige Instanz.

Gleichwohl: Die Spielwiese für das Duo Kaleschke und Schmidt bleibt ausladend genug. Andreas Schmidt nennt praktische Beispiele: Werden in der Kirche Raumgegebenheiten verändert, beispielsweise Bodenbeläge erneuert, ein neues Heizsystem installiert, so hat das Auswirkungen auf den Klang der Orgel. „Der Raum ist Teil des Instruments.“ Auch spielen die Sicherung der Elektrik und der Brandschutz – über lange Zeit nie thematisiert – in den letzten Jahren eine stärkere Rolle.

Und natürlich: Gerade der bemerkenswerte Bestand an historischen Orgeln muss beobachtet werden, wobei Schimmelbildung die häufigsten Probleme an den Pfeifen verursacht; oder einfach der Zahn der Zeit sich mit Sanierungsbedarf an den pneumatischen Trakturen oder den in die Jahre gekommenen Schleifladen meldet.

Die Frage, wie viele Orgeln in seinem Tätigkeitsbereich er kenne, beantwortet Andreas Schmidt ganz lakonisch. „Zu wenige bis jetzt, 50 oder 60 vielleicht.“ Aber das soll nicht heißen, dass man es hier nicht doch mit einem eingefleischten Insider zu tun hat. Prädestiniert ist er wie wohl kein Zweiter für dieses Amt. Dieses ist im Übrigen ein Ehrenamt und lediglich mit einer Aufwandsentschädigung dotiert – ganz im Gegensatz zur benachbarten badischen Landeskirche etwa, die dafür einen hauptamtlichen Mitarbeiter bezahlt.

Andreas Schmidt, 1981 geboren, in Altrip aufgewachsen, hat Kirchenmusik mit der Muttersprache gelernt, ebenso wie Bruder und Schwester; hat schon zu Schulzeiten – am Theodor-Heuss-Gymnasium in Ludwigshafen – Orgel und Cello gelernt, seine Ausbildung zum C-Kirchenmusiker dann am kirchenmusikalischen Seminar in Landau abgelegt. Seit 2007 ist er Mitglied der Evangelischen Jugendkantorei der Pfalz, Orgeldienst und Kirchenchor in Zeiskam betreut er seit 2001. Und er hat über die Vereinigung der Orgelsachverständigen Deutschlands (VOD) eine zertifizierte Ausbildung durchlaufen. Mit Abschlussprüfung 2015.

Auch ist Schmidt, der mit Ehefrau und Tochter in Landau wohnt, als Tontechniker mit so ziemlich allen einschlägigen Wassern gewaschen. Das kommt auch der Mitsprache beim neueren Orgelbau durchaus zugute. Denn da wird doch verstärkt mit Spielhilfen gearbeitet, bis hin zu vorprogrammierten Registrierungsplänen für die Großwerke der Orgelliteratur. Nur einer bleibt da zukünftig wohl auf der Strecke: der Registrand, der einst so unentbehrliche „Knöpfe-Zieher“. Gertie Pohlit

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