Die Bewahrung der Schöpfung als urbiblisches Thema

Zehntausende demonstrieren in Rheinland-Pfalz für mehr Umwelt- und Klimaschutz – Die Kirchen setzen mit Andachten eigene Akzente

Mit Eltern und Erzieherinnen bildeten die Kinder des protestantischen Martin-Luther-Kindergartens in Kaiserslautern eine Menschenkette um ihre Einrichtung und die benachbarte Sozialstation. Foto: view

Eine Solidargemeinschaft für das Leben: Protestzug für mehr Klimaschutz auf der Bahnhofstraße in Speyer. Foto: Landry

In der Pfalz und der Saarpfalz haben sich viele tausend Menschen Freitag vergangener Woche an den Demonstrationen der „Fridays for future“-Bewegung beteiligt. Sowohl die pfälzische Landeskirche als auch das Bistum Speyer hatten ihre Mitarbeiter und Gemeinden aufgerufen, sich mit Andachten und Aktionen an den Protesten zu beteiligen. Die Erde zu bebauen und zu bewahren, stehe für die Kirchen im Zentrum des Glaubens, sagte Oberkirchenrätin Dorothee Wüst bei einer gemeinsamen Andacht in Kaiserslautern. In vielen Orten der Pfalz läuteten um kurz vor zwölf die Kirchenglocken für mehr Umwelt- und Klimaschutz.

Wenn Lebensrecht mit Füßen getreten werde, müssten die Kirchen Einspruch erheben, sagte Wüst, die bei der Landeskirche für Umweltfragen zuständig ist. Gerade für die, die das nicht könnten: für Tierarten, die sang- und klanglos vom Erdboden verschwänden, für Bäume, die aus reinem Gewinnstreben millionenfach gerodet würden und für Menschen, denen die Heimat genommen werde, weil es einen engen Zusammenhang zwischen Lebensgrundlage und Frieden gebe.

Die Welt sei aus dem Gleichgewicht, sagte Wüst. Längst genüge es nicht mehr, ein wenig nachzubessern. Schnell und nachhaltig müsse Wesentliches geschehen in Wirtschaft und Politik. Das hätten die jungen Menschen erkannt, die für ihre Zukunft auf die Straße gingen. „Wir brauchen eine gemeinsame Stimme, die sich nachhaltig Gehör verschafft, die weltweit Politik und Wirtschaft beeindruckt.“ Aus all den kleinen Schritten für den Klimaschutz könne eine große Bewegung werden, eine Solidargemeinschaft für das Leben.

An einer ökumenischen Andacht im Speyerer Dom nahmen rund 200 Menschen teil. Zusammen mit Kirchenpräsident Christian Schad und dem Generalvikar des Bistums Speyer, Andreas Sturm, beteten sie für die Bewahrung der Schöpfung. Symbolisch läuteten die Glocken des Doms um „fünf vor zwölf“. Am Rande der Abschlusskundgebung auf dem Speyerer Königsplatz sagte Schad, die Bewahrung der Schöpfung sei ein urbiblisches Thema, das die Jugend wieder ins Bewusstsein geholt habe. Es gehe jetzt darum, dass jeder Einzelne etwas gegen den Klimawandel tue. „Alleine auf die da oben zu schimpfen, reicht nicht aus.“

In der Landeshauptstadt Mainz waren dem Klimastreikaufruf deutlich mehr Menschen gefolgt als bei vergangenen Demonstrationen. Drei getrennte Kolonnen mit mehreren tausend Teilnehmern marschierten vom Hauptbahnhof, dem Universitäts-Campus und vom hessischen Rheinufer aus durch die Stadt zu einem gemeinsamen Treffpunkt am zentralen Gutenberg-Platz. Die Polizei sprach von etwa 8000 Teilnehmern.

Zum Auftakt des Protestzugs hatten Redner eine wirksame Klimaschutzpolitik, den Ausstieg aus der Kohleindustrie und eine Verkehrswende gefordert. „Die Bundesregierung muss Schluss machen mit dieser Globuli-Politik“, forderte ein Redner. Im Gegensatz zu früheren Klimastreikaktionen hatten viele ältere Teilnehmer sich der Demonstration angeschlossen. Auch die evangelische Kirche in Mainz hatte dazu aufgerufen, für die Bewahrung der Schöpfung zu demonstrieren. Mitarbeiter des evangelischen Dekanats verteilten als Wegzehrung Äpfel an die Demonstranten.

Die Schüler der „Fridays for future“-Bewegung hatten Erwachsene diesmal ausdrücklich eingeladen, sich an ihre Seite zu stellen und für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit sowie die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens zu demonstrieren. Die Kirchen setzten bundesweit mit Schöpfungsgebeten und Andachten vor Ort darüber hinaus eigene Impulse.

Vor den Protesten hatte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) im Landtag nochmals erklärt, dass es keine Beurlaubungen für eine Teilnahme von Schülern an den Klimaschutz-Demonstrationen geben könne. Ob und welche Sanktionen die Schulen gegen unerlaubt fehlende Schüler verhängen, sei jedoch deren Entscheidung, sagte sie. In Einzelfällen sei sogar ein organisierter Besuch der Kundgebungen als Schulveranstaltung denkbar. epd

Meistgelesene Artikel