Das Fahrrad für den Winter ausgestattet

Wie die ökumenische Aktion Trendsetter-Weltretter nach ihrem Ende im Alltag wirkt – Ein Selbstversuch

Erprobt mit ihrer Tochter den Drahtesel als Autoersatz: Janina Croissant. Foto: Croissant

Heuchelheim-Klingen. Rund 1000 Menschen zwischen zehn und 84 Jahren haben im Herbst an der ökumenischen Mitmachaktion Trendsetter-Weltretter von Landeskirche und Bistum teilgenommen. Sie sollte zu einem nachhaltigen Lebensstil durch veränderte Mobilität animieren. Eine von ihnen war Janina Croissant aus Heuchelheim-Klingen. Die Südpfälzerin ließ sich fünf Wochen lang Impulse und Aufgaben auf ihr Handy schicken. Sie hat ihre Erfahrungen in einer Art Tagebuch festgehalten. Und zieht zwei Monate später Bilanz, was das Projekt in ihrem Leben für Spuren hinterlassen hat.

„Was ist wirklich wichtig in deinem Leben?“, „Was brauchst du, um gut zu leben?“ sind Fragen, mit denen ich mich innerhalb von rund fünf Wochen intensiv auseinandersetzen soll. „Du stellst meine Füße auf weiten Raum.“ Mit dem Psalm 31, 9 werde ich nach meiner Anmeldung über das Smartphone dazu ermuntert, mich einfach mal zu bewegen. Mit lauter Musik oder auch zu inneren Klängen für zehn, 20 oder 30 Minuten. Das geht locker. Es tut gut, zumal dieser Impuls an einem Tag kommt, an dem ich viel am Schreibtisch gesessen habe. Am nächsten Tag wird es schon kniffliger: „Heute lege ich meine Wege oder einen Teil davon zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück“, ist der Ratschlag auf meinem Handy. Ich lasse sowieso schon, wann immer es in meinem Alltag möglich ist, das Auto stehen.

Leider ist aber genau das auch die folgenden Tage der Schwerpunkt der Impulse: laufen statt fahren, das Rad statt das Auto nehmen, Mitfahrerbörsen, Carsharing und das stärkere Nutzen öffentlicher Verkehrsmittel. All das versuche ich mit meiner Familie bereits im Alltag. Um aber komplett aufs Auto zu verzichten, müssten wir uns neue Jobs und einen anderen Wohnort suchen.

Trotzdem nutze ich die Impulse, um etwa das Verhältnis zu den Fortbewegungsmitteln kritisch zu hinterfragen. So freue ich mich über die Anregung, allen unnötigen Ballast aus dem Auto zu räumen. Denn mehr Gewicht verbraucht auch mehr Benzin. Was da alles im Kofferraum zutage kommt. Interessant ist, die eigene Ökobilanz zu errechnen oder der Vergleich von Elektroauto zu Benziner. Die Tipps für eine ökologisch gut vertretbare Urlaubsplanung lese ich mir ebenso durch und muss bilanzieren: In der Realität scheitern solche Unterfangen – zumindest für mich.

Neben Sprüchen und Psalmen bietet die Trendsetter-Weltretter-App viele Fakten. „Eine Stunde bewegen wiegt acht Stunden sitzen auf“, wird mir erklärt. 2018 meldete der ADAC rund 745000 Staus, was einer Länge von 1,5 Millionen Kilometern entspricht. Für mich teils kuriose Impulse sind ebenso darunter. So werde ich an einem Tag aufgefordert, eine „Dankeschön“-Karte auszudrucken und beispielsweise dem Schaffner in der Bahn oder dem Sitznachbar im Bus zu schenken. Überlegen soll ich mir außerdem, wie meine Großeltern sich wohl fortbewegt haben. „Mit dem Auto“, lautet meine Antwort. Schön ist die Idee, sich für mehr Bänke im öffentlichen Raum starkzumachen, worauf vor allem ältere Menschen angewiesen sind. Dazu gibt es sogar einen Musterbrief und eine Online-Petition. Alles in allem ist es eine gute Sache, sein eigenes Verhalten zu hinterfragen und eine nachhaltige Lebensweise stärker im Alltag zu verankern.

Und tatsächlich: Selbst etliche Wochen nach Ende der Aktion ist doch einiges hängen geblieben. Auch jetzt, wo die Tage nass, es immer kälter und schneller dunkel wird, nutzen wir, wann immer es geht, als Familie das Fahrrad. In die entsprechende Sicherheitsausstattung mit gut sichtbaren Leuchten, Reflektoren und Westen haben wir bereits investiert. Auch der Kofferraum des Autos ist nach wie vor aufgeräumt. Und so konnte ich es bisher erfolgreich vermeiden, unnötigen Ballast durch die Gegend zu kutschieren. Sogar die anfangs lose Idee, sich bei nächster Gelegenheit ein Elektroauto anzuschaffen, wird immer konkreter. Janina Croissant

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