Das Alter stellt neue Herausforderungen an die Kirche

Pfarrerin Christine Schöps führt bundesweite evangelische Arbeitsgemeinschaft – Moderne Alte wollen mitreden und sich selbst organisieren

Menschen werden vielfältig alt: Das fordert einen Perspektivwechsel bei den Hauptamtlichen in der Kirche, sagt die Neustadter Krankenhauspfarrerin Christine Schöps. Foto: LM

Wenn in der Gesellschaft über das Alter diskutiert wird, ist vor allem von der Pflege die Rede. Das sei viel zu kurz gedacht, sagt Pfarrerin Christine Schöps, die seit Ende vergangenen Jahres Vorsitzende der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit (EAfA) in der EKD ist. Inzwischen sei das Alter, das nach einer Definition der Weltgesundheitsorganisation mit dem 60. Lebensjahr so langsam beginnt, die statistisch längste Lebensphase des Menschen. Daraus müsse auch die Kirche Konsequenzen ziehen, fordert die Krankenhauspfarrerin am Neustadter Hetzelstift.

Menschen werden vielfältig alt, sagt Schöps. Wenn die Kirche ihre Altenarbeit nur diakonisch verankere, werde sie dieser Tatsache nicht gerecht. Eine Umfrage unter Pfarrern habe ergeben, dass sie die Angebote für Ältere als gut und wichtig erachteten. Die gleichen Pfarrer sagten aber auch, sie selbst würden solche Angebote nicht besuchen.

„Wir müssen sehen, dass in den kommenden Jahren Menschen alt werden, die in der Friedens- und Antiatomkraft-Bewegung sozialisiert wurden“, sagt Schöps. Klassische Angebote wie Altennachmittage oder Diavorträge reichten da bei Weitem nicht aus. Diese Menschen wollten nicht konsumieren, sondern sich selbst organisieren und mitentscheiden. Das verlange von den Hauptamtlichen in der Kirche einen Perspektivwechsel. Sie müssten lernen, Verantwortung zu teilen.

Die Kirche könne sich auch nicht mehr darauf verlassen, dass alte Menschen von selbst zu ihnen und ihren Angeboten zurückkehrten, sagt Schöps. „Mit dem Alter kommt eben nicht mehr der Psalter.“ Der Trend weg von der Kirche wirke sich auch hier aus. Allerdings seien Menschen im Alter von 60 bis 75 Jahren in hohem Maße bereit für gesellschaftliches Engagement. Gerade nach einem langen Berufsleben sähen diese Menschen eine Chance zur Wiedergewinnung des Sozialen jenseits ökonomischer Zwänge.

Raum für solches Engagement bietet nach Schöps’ Worten vor allem das eigene Wohnumfeld. Die Quartiere hätten sich durch die veränderten Familienverhältnisse gewandelt. An die Stelle der alten Familienstrukturen seien oft die Nachbarschaft und Freundschaften getreten. Hier habe die Kirche eine große Chance, Räume zu eröffnen für die Begegnung von Menschen verschiedener Generationen.

Und auch wenn die modernen Alten nicht mehr unbedingt in den Gottesdienst gingen, hätten sie dennoch ein Bedürfnis nach Sinn und Seelsorge, sagt Schöps. Gerade das christliche Menschenbild könne ihnen helfen, mit den Brüchen und Niederlagen in ihrem Leben umzugehen. Und natürlich spielten in diesem Lebensabschnitt auch die Themen Gebrechlichkeit und Endlichkeit eine wichtige Rolle.

Es sei die Aufgabe der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit, die Neuorientierung evangelischer Altenarbeit zu fördern, sagte die Bundesvorsitzende Schöps. Wie die Gesellschaft insgesamt, müsse sich auch die Kirche den Veränderungen und den damit verbundenen neuen Aufgaben im Wahrnehmen, Denken und Handeln stellen. Die EAfA bringe ihre Positionen in den Dialog mit anderen gesellschaftlichen Gruppen und der Politik ein und sorge dafür, dass die „evangelische Stimme“ bei diesem Thema gehört werde.

Ein konkretes Beispiel für moderne Altenarbeit ist nach den Worten von Schöps das Projekt „Sorgende Gemeinde werden“. Im Mittelpunkt stehe dabei die Frage, welchen Beitrag Kommunen und örtliche Gemeinschaften zu einem würdigen und selbstbestimmten Älterwerden leisten können. Die örtlichen Lebensräume müssten dafür so gestaltet werden, dass ältere Menschen möglichst lange ein selbstständiges Leben in den eigenen vier Wänden führen und am gesellschaftlichen Leben in der Kommune teilhaben könnten. Hierbei könnten Kirchen einen entscheidenden Beitrag leisten.

Wichtige Impulse für die Altenarbeit der pfälzischen Landeskirche erhofft sich Schöps von der Frühjahrssynode im Mai. Deren Schwerpunktthema, das Schöps mit vorbereitet, ist der demografische Wandel und die Frage, wie die Kirche auf diesen grundlegenden Umbruch in der Gesellschaft reagiert. koc

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