Bestattungen ab 2021 erstmals in Kirche möglich

In der Martin-Luther-Kirche im saarpfälzischen Webenheim sind Urnenwände geplant – Zweites Kolumbarium überhaupt in der Landeskirche

Bei der Besichtigung des Kolumbarium-Modells in der Martin-Luther-Kirche Webenheim (von links): Dekan Peter Butz, Pfarrerin Ines Weiland-Weiser, Kunstbeauftragte Birgit Weindl und Künstlerin Madeleine Dietz. Foto: Moschel

Pfarrerin Ines Weiland-Weiser klingt erleichtert. Die Zukunft der Webenheimer Martin-Luther-Kirche scheint endlich gesichert. Grund ist eine Premiere im Saarland: In der Kirche soll ein Kolumbarium entstehen, ein Ort, an dem Urnen bestattet werden können.

Kolumbarien in Deutschland sind relativ neu. Erst 2004 eröffnete das erste Kolumbarium in einer Krefelder Kirche, in Nordrhein-Westfalen ist diese Begräbnisortvariante inzwischen häufiger zu finden, unter anderem in Mühlheim, Dortmund oder Köln. Von einem Dekanausflug ins Ruhrgebiet habe so auch Dekan Peter Butz die Idee eines Kolumbariums in die Kirchengemeinde getragen, sagt Weiland-Weiser. Die Pfarrerin befindet sich seit Jahren in einem Dilemma. 9700 Euro Instandhaltungsrücklage muss die Kirchengemeinde pro Jahr allein für die Webenheimer Kirche aufbringen. Dazu kommen die denkmalgeschützte Kirche Böckweiler und die Kirche in Mimbach. Zuletzt standen mangels Geld nur noch die Optionen Verkauf oder Verwahrlosung für das Webenheimer Gotteshaus im Raum.

Das ist jetzt anders. 600 Plätze für Urnen sollen künftig in der Kirche entstehen, mit den Nutzungsgebühren der Urnennischen für Paare, Singles oder Familien soll die Kirche erhalten werden. Auf 15 Jahre ist die Nutzungsdauer angelegt, auf maximal 25 Jahre kann sie verlängert werden. Und auch danach verbleibt die Asche in der Kirche, erklärt Weiland-Weiser. Hierzu wird unter dem Altar ein Schacht ausgehoben.

Schon 2017 besichtigte das Presbyterium mit dem Dekan Kolumbarien in Nordrhein-Westfalen, um festzustellen, ob und in welcher Form diese in Webenheim infrage kämen. So gibt es Kolumbarien in profanierten Kirchen, aber auch in noch als Ort des Gottesdiensts genutzten. Beteiligt war auch die landeskirchliche Arbeitsgruppe zur Umnutzung von Kirchenräumen mit Dagmar Peterson und Birgit Weindl. Die landeskirchliche Kunstbeauftragte brachte die Künstlerin Madeleine Dietz ins Spiel, die auch schon das Kolumbarium an der Klosterkirche Bad Dürkheim-Seebach entworfen hat.

„Tore zum Leben“ heißen die von Dietz gestalteten Urnenwände in Form von Buchrücken, die sich – anstelle von zehn Kirchenbänken – in die Webenheimer Kirche einfügen sollen. Bibelsprüche auf den Urnenwänden sollen die Verbindung zum Gemeinderaum hin herstellen, sagt die Pfarrerin. Bemalt sind die Wände in Erdfarben.

Die Kirche ist künftig Simultaneum, stellt Weiland-Weiser klar. Weiterhin soll es auch Konzerte oder andere Veranstaltungen in der Kirche geben. Für die Pfarrerin ist das Kolumbarium auch eine Möglichkeit, das Thema Tod zu enttabuisieren, es in die Mitte der Kirchengemeinde zu holen.

Die Angst, die Verwaltung der Grabstätten nicht leisten zu können, habe ihnen Dekan Butz genommen, sagt Weiland-Weiser. So werde sich künftig das Verwaltungsamt Zweibrücken um die Vergabe der Urnennischen und Abrechnungen kümmern. Das Amt erstellte auch ein Wirtschaftlichkeitsgutachten. „Rund 20 müssen wir im Jahr verkaufen, dass es sich trägt“, sagt die Pfarrerin. Im Blick sind Interessenten in der Pfalz, dem Saarland, aber auch aus Frankreich. „Was die Nischen kosten, können wir noch nicht sagen“, sagt Verwaltungsamtleiterin Gerda Huber.

Am kommenden Montag sollen die Bauarbeiten starten, rund ein Jahr Bauzeit veranschlagt das Architekturbüro Krupp. „Wenn nicht Corona einen Strich durch die Rechnung macht“, sagt Weiland-Weiser. Den Kolumbariums-Bau verbindet die Kirchengemeinde mit einer fälligen Innensanierung und einer Überarbeitung der Orgel. Der Zugang zur Kirche soll außerdem barrierefrei werden. 770000 Euro, so schätzt die Pfarrerin, werden die Maßnahmen kosten, das Geld bekommt die Kirchengemeinde als Kredit. Florian Riesterer

Interessenten für die Kirchenbänke können sich bei Angelika Kreutz unter Telefon 06842/4966 melden.

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